Tarantinos Chaos-Ordnung
Christian Berkel über die Arbeit mit dem „Inglourious Basterds“-Regisseur und seine ZDF-Krimi-Reihe „Der Kriminalist“, die es ihm ermöglicht, möglichst oft bei der Familie zu sein
Für „Operation Walküre – Das Stauffenberg Attentat“ drehte er 2007 mit Tom Cruise. 2009 war Christian Berkel in Tarantinos „Inglourious Basterds“ zu sehen. Als „Der Kriminalist“ ist der 52-Jährige für das ZDF bereits seit vier Jahren unterwegs. Ab heute gibt’s neue Folgen. Berkel lebt mit Kollegin Andrea Sawatzki und den beiden gemeinsamen Söhnen (7 und 10) in Berlin.
AZ: Herr Berkel, Sie haben einmal gesagt: „Wenn man viel über mich erfahren will, dann muss man meine Filme sehen.“ Was erfährt man denn mit „Der Kriminalist“?
CHRISTIAN BERKEL: Ich definiere mich relativ stark über die Arbeit. Und das macht Bruno Schumann auch. Die Arbeit ist unsere Leidenschaft. Die Trennung zwischen Beruflichem und Privatem ist relativ aufgehoben.
Über Schumann weiß man privat nicht viel. Jetzt ist seine Frau wieder aufgetaucht. Passiert da mehr?
Die beiden spüren, dass sie noch etwas für einander empfinden und versuchen sich langsam wieder anzunähern. In der nächsten Staffel, die ich gerade drehe, kommt es aber zu einem endgültigen Ende.
Andere Krimis widmen sich ausführlicher dem Privatleben der Ermittler.
Ich finde, das tut dem Krimi meist nicht sehr gut. Der Versuch, eine Mischung aus Familienserie und Krimi zu machen, funktioniert höchstens im Komödienbereich.
Sie leben in Berlin. Ist „Der Kriminalist“ auch eine Entscheidung für die Familie?
Zum Teil sicherlich. So bin ich nicht nur Wochenendvater und das bedeutet mir sehr viel. Es hat mich aber auch gereizt, eine ganz eigene Figur zu entwickeln und damit am Freitagabend mit einer Reihe etwas Besonderes zu erzählen, mit dem man auch ein großes Publikum erreicht.
Werden Sie morgen gleich nachsehen, wie viele den Krimi eingeschaltet haben?
Klar, an der Quote kommt keiner mehr vorbei. Ich sehe das mit einem gemischten Gefühl. Einerseits finde ich, dass eine allzu große Quotenhörigkeit gerade dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen nicht sehr gut zu Gesicht steht. Auf der anderen Seite ist es aber legitim, dass ein Programm, das für ein größeres Publikum gedacht ist, das auch finden soll. Das ist uns bisher gelungen und das will ich auch weiterhin schaffen.
Heute scheinen schwierige Stoffe oft nur noch als Krimi verpackt zu funktionieren.
Da ist was dran. Die Krimigeschichte bietet dem Zuschauer eine Fluchtmöglichkeit, mit der er auch ein schwieriges Thema ertragen kann. Es wäre aber fatal, wenn dadurch andere Erzählformen vernachlässigt, oder aus dem Programm verschwinden würden. Das Fernsehen kann nur attraktiv bleiben, wenn es sich für die Vielfalt entscheidet.
Andrea Sawatzki hat den „Tatort“-Dienst quittiert. Verträgt die Familie nur einen TV-Ermittler?
Nein, das war mit Sicherheit nicht der Grund.
Diskutieren Sie viel über die Arbeit ?
Eher selten, aber wenn sich einer von uns bei einem Projekt unsicher fühlt, dann schon. Es ist ein großer Vorteil, dass da jemand ist, der die Problematik versteht.
Christoph Waltz ist für einen Oscar für „Inglourious Basterds“ nominiert.
Ja, und ich denke, dass er sehr große Chancen hat und drücke ihm die Daumen.
Wie ist es denn, mit Quentin Tarantino zu drehen?
Tarantino ist in der Lage, beim Proben alle Türen aufzumachen und alle Assoziationen zuzulassen. Das geht bis ins Chaotische hinein. Dann aber hat er – und das ist in dieser Kombination so selten – die Fähigkeit, sehr analytisch und präzise zu strukturieren. Er kann von einem Moment auf den anderen aus dem Chaos eine Ordnung schaffen.
Wenn jemand wie Quentin Tarantino anruft, ist es egal, wie klein eine Rolle ist?
Für mich auf jeden Fall. Natürlich spiele ich wie die meisten anderen auch lieber Hauptrollen. Aber wenn da ein besonderer Reiz ist, ein außergewöhnliches Buch und/oder eine außergewöhnliche Regiepersönlichkeit, die ich unbedingt kennenlernen möchte, dann mache ich das.
Hat Hollywood inzwischen mal wieder angerufen?
Ich habe dort eine Agentin, uns es gibt immer wieder Kontakte. Im Moment arbeite ich aber hier viel. Da kann ich nicht einfach mal für zwei, drei Wochen rüberfliegen.
Ihre Kinder sind sicher stolz, dass Sie Hollywood-Stars wie Tom Cruise kennen, oder?
Naja, der Große findet ja eher Liam Neeson und Ewan McGregor toll. Er ist ein großer „Star Wars“-Fan.
Also muss Papa mal mit denen drehen.
Genau.
Angelika Kahl
ZDF, heute, 20.15 Uhr