Tanzen im Maschinentakt
War Peter Roehr der deutsche Andy Warhol? Das Museum für Moderne Kunst und das Städel stellen in Frankfurt rund 100 Werke des Malers und Objektkünstlers neu zur Diskussion
Was für eine Wiederentdeckung: Peter Roehr, der 1968 im Alter von nur 23 Jahren an einem Tumor starb, war bis vor kurzem ein Vergessener des Kunstbetriebs. Zwar schuf er in wenigen Jahren, in denen andere gerade mal ihren künstlerischen Weg definieren, mit rastlosem, manischem Einsatz ein Werk von 600 Arbeiten. Doch er hatte keine Chance und keine Zeit mehr, die ihm perfekt passende Rolle eines deutschen Andy Warhol auszufüllen – das Talent dafür hatte er zweifellos.
Roehrs künstlerische Heimat war Frankfurt am Main. Dort präsentieren zwei Häuser die erste große Schau, in der mit größerem Abstand zu seinem Tod seine immense Bedeutung und sein enormer Einfluss auf die Kunst der 60er und 70er Jahre herausgestrichen und gewürdigt werden. 100 Roehr-Werke aus öffentlichen wie aus privaten Sammlungen sind zu sehen, darunter besonders eindrucksvoll die „Schwarzen Tafeln“ in einem eigenen Raum im Städel. Dort muss man sich allerdings bis zum 23. Februar erst durch die zur Botticelli-Ausstellung strebenden Menschenmassen kämpfen.
Roehr erhebt – zum Teil weit früher und konsequenter als die scheinbaren amerikanischen Vorbilder – Serie und Reihung zum Prinzip und verbindet dabei Ironie und Spiritualität. Es sind Collagen, Assemblagen, Montagen, bei denen Alltagssplitter in der Wiederholung ihre Banalität verlassen und mit verblüffender Selbstverständlichkeit in die Sphären der Kunst aufsteigen. Roehr zeigt die Welt in umfassender Interferenz – und die Dinge fangen im Maschinentakt zu tanzen an.
Michael Grill
Peter Roehr: „Werke aus Frankfurter Sammlungen“. Bis 7. März im MMK Museum für Moderne Kunst Frankfurt am Main und im Städel Museum
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