Swing, Schwof, Sperenzchen und Shakespeare
Hans-Henning Paars getanzte Version des „Sommernachtstraums“ im Staatstheater am Gärtnerplatz
Kurt Weills „Alabama-Song“ erklingt, dann swingt Benny Goodman, das Duke Ellington Orchestra stimmt „Summertime“ an – die Party kann beginnen. Theseus und Hippolyta geben sich die Ehre. Und alle sind gekommen: das ständig sich streitende Ehepaar Oberon und Titania, Hermia und Lysander, Helena und Demetrius, der immer noch auf Hermia abfährt, aber offenkundig auch dem Alkohol zugetan ist und sich entsprechend rüpelhaft benimmt.
Hans Henning Paar, der Tanzchef des Staatstheaters am Gärtnerplatz, hat ein sichtliches Vergnügen daran, diesen höchst unterschiedlichen Charakteren 70 Minuten lang jene Fußangeln auszulegen, die er sich bei William Shakespeares „Sommernachtstraum“ abgeguckt hat. Und auch den musikalischen Teppich fand er im Antiquariat: Jazz der siebziger Jahre, Keith Jarrett, Miles Davis, John McLaughlin – für eine erotische Achterbahnfahrt nicht die schlechtesten Begleiter.
Unterhaltend, mehr nicht
Man balgt sich, wechselt den Partner, sammelt Erfahrungen und findet am Schluss doch wieder zueinander. Paars Tanzstück „Ein Sommernachtstraum“ bietet eine amüsante Collage bekannter Situationen. Nur auf die Handwerker, die das Stück „Pyramus und Thisbe“ probieren, wartet man vergebens. Aus gutem Grund, denn das würde – getanzt – eher peinlich werden. Statt dessen gibt es einen Party-Gast, in grauen Alltagsklamotten so etwas wie der Normalo inmitten einer psychedelisch aufgeheizten Society, der am Ende dank prächtiger Körperbehaarung Titania herum kriegen darf: John Sandhurst zeigt dabei, dass er wirklich komisch sein kann.
Die Choreographie ist so griffig wie verständlich, ordnet sich der Musik unter und hat nur einen Nachteil: Sie trennt nicht zwischen den einzelnen Personen. Ob der als Mohnblume verkleidete Puck (David Valencia) oder die übrigen – die Bewegungsrituale ähneln sich. Am glaubwürdigsten wirken die beiden Liebespaare: Rita Barak Soares, Pedro Dias, Hsin-I Huang und Marc Cloth zeigen Gefühl, mit jugendlichem Übermut, mal schmollend, mal kratzbürstig und manchmal auch richtig lieb.
Hanna Zimmermanns Bühnenraum verwandelt sich im Drogendrama der Akteure in eine Dschungellandschaft – auch dies eine hübsche Pointe eines vergnüglichen Abends, der unterhaltendes Tanztheater bot, mehr aber nicht.
Volker Boser
Wieder heute, am 30. April sowie am 4., 8., 18., 20., 26. Mai und im Juni im Gärtnerplatztheater; Karten Tel. 2185 1960