Südstaatler vom Bodensee

Willy DeVille hat ihm geholfen, Daniel Lanois für Dylan-Sound gesorgt: Stefan Waggershausen hat die Schlagertristesse hinter sich gelassen und sagt mit seiner neuen CD: „So ist das Spiel“
von  Abendzeitung

Willy DeVille hat ihm geholfen, Daniel Lanois für Dylan-Sound gesorgt: Stefan Waggershausen hat die Schlagertristesse hinter sich gelassen und sagt mit seiner neuen CD: „So ist das Spiel“

Ich bin Spät-Hippie“, sagt Waggershausen und bietet zur Begrüßung gleich das Du an. Nein, die „minimale Pause von 14 Jahren“ seit dem letzten Studioalbum sei kein Problem für einen „Südstaatler vom Bodensee“. „Zu nah am Feuer“, „Das erste Mal tat’s noch weh“, „Tief im Süden meines Herzens“ – mit diesen Titeln hatte sich Waggershausen in den 80ern in die deutsche Pop-Schlager-Szene gespielt. In der langen Rückzugszeit, die er sich gegönnt hat, hat er als „Handwerker“, sagt er, unter anderem Kinderlieder für Fernsehsendungen geschrieben.

Mit „Louisiana“ wurde allerdings schon auf dem letzten Album ein sehr südamerikanischer Sound ins Spiel gebracht. „So ist das Spiel“ heißt sein neues Werk. „Der alte Wolf wird langsam grau“ ist der Einstieg – die Adaption eines stampfenden Night-Club-Shuffles für den deutschen Tresen. An dem halten sich die Herren fest wie in der Vergangenheit. Waggershausen hat immer noch die massentauglichen Bilder für ein mit ihm älter gewordenes Publikum, aber er gönnt sich selber einen, seinen Sound, der jetzt auch seine Texte deutlich von der Tristesse des deutschen Schlagers abgrenzt.

Der unlängst gestorbene Willy DeVille hat ihm damals in Louisiana sehr geholfen, erzählt er. Und Freddy Coella, Willys Bandleader und Produzent spielt auch diesmal zusammen mit Waggershausen. Und bei Daniel Lanois, der auch maßgeblich den Dylan-Sound über mehrere Platten geprägt hat, hat er auch seine Aufwartung im Studio gemacht.

Aufgewachsen ist Waggershausen in den 60er Jahren am Bodensee. Unvergessen, wie er nach dem Kauf der „A Hard Day Night“-Single vom Fahrrad fiel und sich die Knie aufschlug. Autodidaktisches Gitarrelernen. Erste Songwriterversuche, allerdings schon damals kaum in Englisch. „Ich will zurück zum Bodensee“, singt er heute, über einer Rhythmusgitarre, die matschfröhlich groovt, als hätte Waggershausen eine Sumpfzypresse importiert. „Ich bin groß geworden mit dylanesken Sachen, mit Cohen, Kristofferson, Jackson Browne, J. J. Cale und später mit Knopfler.“ Diese absorbierten Sounds drücken eben irgendwann durch.

Zehn Jahre lang hatte er seinen Gitarrenschrank mit den Schätzchen verschlossen. Ungespielt blieb auch seine Gibson ES-150, die er damals in New Orleans von Gitarrenhändlern gekauft hatte, die ihm zur Preissteigerung erzählten, schon der Delta-Blues-Mann Robert Johnson habe darauf gespielt. Wenn schon Johnson seine Seele verkauft hat, um das Gitarrespielen zu lernen, dann ist es für Waggershausen doch das mindeste, dieses Instrument wieder anzunehmen. Die Solos aber übernehmen Leute wie Billy Lang oder Peter Weihe. Er selber sei ein lausiger Gitarrist, sagt er.

Christian Jooß

Stefan Waggershausen: „So ist das Spiel“ (Sony)

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