Stroh für mehr Romantik am Marstallplatz
Das Mahler Chamber Orchestra im Zelt von „under construction“ hinter der Staatsoper
Im Paris des 18. Jahrhunderts wurden die Straßen mit Stroh bestreut, um den Lärm der Karren zu dämpfen. Auch am Marstallplatz würde das nicht schaden, wenn im Zelt von „under construction“ Filigranes wie Busonis elegische Berceuse erklingt.
Die 14 Damen und Herren des Mahler Chamber Orchestra fühlten sich bei Romantischem wohler als bei Bernstein tags zuvor. Anaïk Morel sang mit warmem Alt und in perfektem Deutsch eine von Andreas Tarkmann instrumental konzentrierte Version von Wagners „Wesendonck-Liedern“. Passend zu „Sonne, weinest jeden Abend“ setzte ein Schauer ein, der den Zaungast auf dem Gerüst-Türmchen verjagte. Nach drei Johann-Strauß-Bearbeitungen von Schönberg & Co. forderte der Cellist zum Walzer auf, aber niemand traute sich, das Tanzbein zu schwingen.
Des Münchners Spontaneität hält sich eben in Grenzen. Leider ist der Marstallplatz das tote Eck der Innenstadt. Da lockt auch der beste DJ keine jungen Flaneure. Die Dramaturgen blieben weitgehend unter sich, als am Montag die Operntexttauglichkeit von Grillparzer, Tieck und einer gegenwärtigen Autorin per Mehrheitsentscheid festgestellt wurde. Auch die Massierung der Ordnungskräfte an den Türen wirkte wenig einladend. Popkultur und Klassik versöhnen sich nicht in zehn Tagen. Aber: Nur nicht aufgeben!
Robert Braunmüller
Am Sa durchsurfen DJs und VJs ab 22 Uhr die Operngeschichte
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