Staatsoper-Intendant Dorny reingelegt: Der Kreml kämpft mit Telefonstreichen

Der Intendant der Bayerischen Staatsoper fällt auf zwei russische Propagandisten herein, die ihn nun als russophob hinstellen.
Robert Braunmüller
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Vovan und Lexus.
picture alliance / dpa 2 Vovan und Lexus.
Serge Dorny stammt aus Belgien. Er studierte Architektur, Kunstgeschichte, Archäologie, Komposition und Musikanalyse, war Mitarbeiter von Gerard Mortier in Brüssel, Chef des Flandern-Festivals und Intendant der Oper von Lyon. 2021 übernahm er die Intendanz der Bayerischen Staatsoper als Nachfolger von Nikolaus Bachler.
Wilfried Hösl 2 Serge Dorny stammt aus Belgien. Er studierte Architektur, Kunstgeschichte, Archäologie, Komposition und Musikanalyse, war Mitarbeiter von Gerard Mortier in Brüssel, Chef des Flandern-Festivals und Intendant der Oper von Lyon. 2021 übernahm er die Intendanz der Bayerischen Staatsoper als Nachfolger von Nikolaus Bachler.

Die beiden Russen Wladimir Krasnow und Alexej Stoljarow sind als Vovan und Lexus seit Jahren dafür bekannt, unter falscher Identität Personen des öffentlichen Lebens am Telefon vorzuführen. Elton John, Michail Gorbatschow, Vitali Klitschko und Sharon Stone zählen zu ihren Opfern.

Der auf den falschen Anruf eines angeblichen ukrainischen Kulturministers hereingefallene Serge Dorny befindet sich also in bester Gesellschaft. Vovan und Lexus luden ihn am Beginn des auf YouTube veröffentlichten Gesprächs ein, "mit höchstem Komfort" in Mariupol für die Kämpfer des Asow-Regiments aufzutreten. Das quittiert der Intendant mit Stirnrunzeln. Dann dreht sich das Gespräch vor allem um die Trennung des Hauses von Anna Netrebko und Valery Gergiev. Auch das Ausscheiden des Ballettchefs Igor Zelensky aus angeblich familiären Gründen spielt eine Rolle.

Serge Dorny stammt aus Belgien. Er studierte Architektur, Kunstgeschichte, Archäologie, Komposition und Musikanalyse, war Mitarbeiter von Gerard Mortier in Brüssel, Chef des Flandern-Festivals und Intendant der Oper von Lyon. 2021 übernahm er die Intendanz der Bayerischen Staatsoper als Nachfolger von Nikolaus Bachler.
Serge Dorny stammt aus Belgien. Er studierte Architektur, Kunstgeschichte, Archäologie, Komposition und Musikanalyse, war Mitarbeiter von Gerard Mortier in Brüssel, Chef des Flandern-Festivals und Intendant der Oper von Lyon. 2021 übernahm er die Intendanz der Bayerischen Staatsoper als Nachfolger von Nikolaus Bachler. © Wilfried Hösl

Was Dorny sagt, lässt sich nicht sicher sagen

Anscheinend spricht Dorny aus, was ohnehin allgemein vermutet wird und in jeder örtlichen Zeitung zu lesen war: dass "familiäre Gründe" als Vorwand gewählt wurden, um allzu neugierige Nachfragen im Kunstministerium zu vermeiden. Zelensky war wohl nicht bereit, seine Verbindungen zur russischen Regierung offenzulegen und sich klar vom russischen Angriffskrieg zu distanzieren.

Was Dorny sagt, lässt sich nicht sicher sagen, weil über den Originalton gleichzeitig dreimal so viel Text plappernde russische und englische Übersetzungen gelegt wurden. Womöglich handelte es sich bei der Veröffentlichung um eine Vergeltung für eine andere Enthüllung: Laut dem "Spiegel" und der russischen Rechercheplattform OCCRP soll Zelensky ein Verhältnis mit Putins jüngster Tochter unterhalten.

Auch dazu kursieren in München seit einiger Zeit Gerüchte - auch zu ihrer Anwesenheit bei einem Bühnendinner der Staatsoper in der Ära Bachler. Diese Konstellation würde erklären, wieso Zelenskys Gattin weiter das Staatsballett trainiert und nicht nach Russland zurückgekehrt ist.

Vovan und Lexus bestreiten, für den Kreml zu arbeiten

Das Video von Vovan und Lexus ist trotz deutscher Untertitel wohl primär für ein russisches Publikum bestimmt. Dornys Aussagen sollen beweisen, dass das westliche Kulturleben von einer tiefgreifenden Russenfeindschaft beherrscht wird. Am Ende will der falsche Minister dem Intendanten ein Ballett über den ukrainischen Partisanenführer und Nazi-Verbündeten Stephan Bandera aufschwatzen, dessen Namen sich Dorny höflich notiert, ohne offenbar dazu Verfängliches zu sagen.

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Dass sie für den russischen Inlandsgeheimdienst FSB oder eine vergleichbare Kreml-Desinformationsstelle arbeiten würden, bestreiten Vovan und Lexus übrigens. In der Bayerischen Staatsoper treten übrigens nach wie vor russische Künstler auf. Und es wird auch nicht weniger russische Musik als vor dem russischen Überfall auf die Ukraine gespielt wird. Beides ist für die Autoren des Videos kein Thema.

Bemerkenswert ist, dass der in Russland geborene Dirigent Vladmir Jurowski unerwähnt bleibt. Der Generalmusikdirektor plädierte bei der Spielzeitpressekonferenz nicht nur dafür, russische Künstlerinnen und Künstler weiter auftreten zu lassen, solange sie das Regime nicht offen unterstützen. Er distanzierte sich nicht minder klar gegen den Krieg. Deshalb wäre es keine Überraschung, wenn der Kreml für ihn nicht noch ein Schmutzkübelchen in Reserve hätte.

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  • Yeswecan am 20.05.2022 19:35 Uhr / Bewertung:

    Ja die Eitelkeit des Staatsopernintendanten lässt ihn Vorsicht und Aufmerksamkeit vergessen.Find es auch nicht gut, dass Dorny in der Öffentlichkeit nicht die Wahrheit zu Zelensky sagt, im gefakten Interview mit geschwellter Brust schon. Da war Bachler doch ein anderes Format.

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