Soweit die Füße tragen
Der Operettensommer in Kufstein mit Emmerich Kálmáns „Gräfin Mariza" auf der Josefsburg
Noch bevor es überhaupt losging, sorgte ein Plakat für Riesenaufregung. Es zeigt eine nackte Frau in einem Badezuber auf grüner Wiese – sie soll Zuschauer auf die Festung Kufstein locken. Dort wird im Rahmen des jährlichen Operettensommers Emmerich Kálmáns „Gräfin Mariza” gespielt. Die Obrigkeit hält das Plakat (das übrigens schon sechs Jahrzehnte auf dem Buckel hat) für geschmacklos. Der Veranstalter – wie sollte es anders sein – verteidigt die badende Venus vehement. Und reibt sich ob der Gratis-Werbung die Hände. Die Premiere war nahezu ausverkauft.
Seit sechs Jahren gibt es den Kufsteiner Operettensommer. Die Tribüne im Festungshof der Josefsburg bietet 2000 Besuchern Platz. Sie ist überdacht. Man bleibt trocken. Dazu, dass trotz der Nähe des Bühnengeschehens zum Publikum die Stimmen elektronisch verstärkt werden, mag jeder seine eigene Meinung haben. Der guten Stimmung tat dies keinen Abbruch: Es wurde ausgiebig gelacht, geklatscht und gejubelt.
Regie? Hauptsache, es ist genügend Platz für das Ballett, das auch diesmal aus St. Pölten kam und Erinnerungen weckte. Operette wie zu Ur-Opas Zeiten, also aus der Entstehungszeit des Genres: nette Menschen, ständig bereit, durch’s Leben zu tanzen, soweit die Füße tragen. Diethmar Strassers Inszenierung erzählt die Liebesgeschichte zwischen einer Adligen und ihrem Gutsverwalter gleichsam en passant. Sie dient ihm vor allem dazu, die Verbindung zwischen den einzelnen Musiknummern herzustellen.
Was den Weg nach Kufstein lohnt, ist die musikalische Ausbeute: Die Sänger, voran Julia Koci (Mariza), Mehrzad Montazeri (Tassilo), Jeffrey Treganza (Kolomán Zsupán), zumeist von der Wiener Volksoper, machen ihre Sache ausgezeichnet. Österreichs TV-Liebling Gerald Pichowetz (Penizek) hat eine Menge Pointen auf Lager. Dirigent Ernst Theis, Musikchef der Dresdner Staatsoperette, und das ausgezeichnete Opernorchester von Timisoara (Temeswar) wissen um den Charme der Musik. Sogar Kálmán-Tochter Yvonne war aus dem fernen Kalifornien angereist – und begeistert.
Bis 18. August; Karten unter muenchenticket.de