Solo für Hildebrandt - Jubel in München
MÜNCHEN - Merkel rät er zur Burka, Westerwelle ist „Juckpulver“ und die Fußball-WM eine „Zuchtbullenversteigerung“. Das sagt zumindest Kabarettist Dieter Hildebrandt in seinem neuen Solo-Programm.
Dresche für Politiker in Berlin und München und eine Hommage an das Alter: Das neue Solo-Programm des Kabarettisten Dieter Hildebrandt ist bei seiner restlos ausverkauften Uraufführung am Dienstagabend stürmisch bejubelt worden. Das Publikum wollte ihn kaum gehen lassen. Immer wieder musste der Satiriker auf die Bühne der Münchner Lach- und Schießgesellschaft kommen, die er einst mitgegründet hatte. Er verbeugte sich – und gab schließlich eine Zugabe, bei der der 83-Jährige leichtfüßig über die Bühne spazierte und über die Bedeutung des „Nordic Walking“ sinnierte.
Zuvor hatte er in seinem mehr als zweistündigen Programm „Ich kann doch auch nichts dafür“ zum Besten gegeben, was ihm zum politischen Zeitgeschehen so einfällt. Bissig und scharfzüngig wie eh und je kamen Themen wie Google Street View, die Wehrpflicht- Diskussion, der Türkei-Beitritt zur EU und der Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche auf den Tisch. „Das ist in Bayern kein Missbrauch, das ist Brauch.“ Und zur Banken- und Finanzkrise, die letztendlich der Steuerzahler ausbaden muss, sagte Hildebrandt: „Wenn ich die öffentliche Hand nicht sehen kann, ist sie dann schon wieder in meiner Tasche?“
Auch am Weltfußballverband FIFA und der Fußball-WM ließ Hildebrandt kein gutes Haar. Die Weltmeisterschaft sei heute nur noch dazu da, dass Fußballer gesehen und gekauft werden – „eine Mischung aus Sklavenmarkt und Zuchtbullenversteigerung“. Sorge bereitete ihm auch das absolute Rauchverbot in Bayerns Gaststätten: „Wenn Seehofer den Rösler in der Pfeife rauchen will – wo darf er das in Bayern überhaupt noch tun?“
Politiker von Union und FDP waren es, die vor allem ihr Fett weg bekamen: Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sei nicht mehr als „eine Tüte Juckpulver“ und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) „nie einer Meinung, sondern immer einer anderen auch“. Vor allem für die Rolle der Banken in der Finanzkrise und die Rücktrittswelle in der CDU fand Hildebrandt spöttische Worte. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) riet er außerdem: „Wenn jemand in ihrer Nähe dringend zurücktreten sollte, dann ist es ihr Kostümberater.“ Er empfahl der Kanzlerin eine Burka.
Immer wieder ist im neuen Hildebrandt-Programm auch das Alter, seine „Zukunft als Endjugendlicher“, Thema. Mal kokettiert er damit, mal geigt er der Jugend von heute die Meinung in einem „Rentner-Rap“. Entsetzt zeigt er sich davon, dass so viele junge Leute über die Komikerin „Cindy aus Marzahn“ lachen können. „Mein Gott, die wählen ja alle.“
Ganz besonders deutliche Worte fand der wohl bekannteste politische Kabarettist in Deutschland für die Fernsehlandschaft – und die ARD, in deren Programm der „Scheibenwischer“ lief, bis Erfinder Hildebrandt dem Sender den Titel entzog. „Die ARD macht sich in jede Hose, die man ihr hinhält. Und die Privaten senden das, was drin ist.“ Bis Ende Oktober sind alle Auftritte von Hildebrandt in der Lach- und Schießgesellschaft bereits ausverkauft. Erst für Vorstellungen ab November sind nach Angaben der Gesellschaft wieder Karten zu haben.
dpa