So singt Mr. Netrebko Erwin Schrott

Netrebkos Neuer kann auch singen: Erwin Schrott singt Arien auf erster Solo-CD
von  Abendzeitung

Netrebkos Neuer kann auch singen: Erwin Schrott singt Arien auf erster Solo-CD

Der Mann ist nicht zu beneiden. Er sieht aus wie der junge Antonio Banderas, liebt Anna Netrebko und ist werdender Vater des gemeinsamen Kindes, das für den Herbst erwartet wird. Wenn nun die Plattenfirma Decca eine Arienplatte gebiert, denkt jeder, der Latin Lover hätte sich zu dieser Ehre emporgeschlafen.

Gemach, gemach! Erwin Schrott ist wirklich gut. Er ist ein typischer "Basso cantante" mit sonorer Tiefe, schöner Mittellage und ausladend-unangestrengter Höhe. Eine leicht metallische Schärfe gibt der Stimme Persönlichkeit. Vor allem beherrscht der 1972 in Uruguay geborene Sänger die Kunst, auf der Klangbühne den Figuren stimmliche Individualität zu verleihen. Leporellos Register-Arie aus Mozarts "Don Giovanni" eröffnet satt tönend die Platte: Von der seltsamen italienischen Aussprache "Eschpanja" abgesehen, malt Schrott den leicht zynischen, selbstverliebten und etwas schmierigen Diener wie fürs Bilderbuch.

Ohne billige Grimassen

Für die Serenade und "Fin ch'an dal vino" von Leporellos Chef streicht Schrott andere Farben auf die Palette: Mit baritonaler Leichtigkeit und heller Stimme gibt er dem Don Giovanni einen gänzlich anderen Charakter. Noch erstaunlicher ist sein Philipp aus Verdis "Don Carlos" im französischen Original: Hier umgibt er die Stimme mit einer gewichtigen Rauheit des Alters, ohne in vordergründige Effekthascherei zu verfallen. Seltsam nur, dass ihm der Dirigent Riccardo Frizza den "Eschcorial" durchgehen liess. Auch als Mephistopheles bei Berlioz und Gounod schneidet Schrott keine billigen Grimassen. Seine Dämonie entsteht aus Eleganz. Und zuletzt erweist er auch dem Bertram aus Meyerbeers "Robert-le-Diable" als heute verkanntem Vater aller Bühnenteufel des 19. Jahrhunderts die längst verdiente Reminiszenz.

Auch als Mephistopheles bei Berlioz und Gounod schneidet Schrott keine billigen Grimassen. Seine Dämonie entsteht aus Eleganz. Und zuletzt erweist er auch dem Bertram aus Meyerbeers "Robert-le-Diable" als heute verkanntem Vater aller Bühnenteufel des 19. Jahrhunderts die längst verdiente Reminiszenz. Mit anderen Worten: Der in Italien ausgebildete und von Placido Domingo geförderte Sänger ist kein blosser Ritter der Netrebko-Konjunktur.

Robert Braunmüller

Erwin Schrott: Arias by Mozart, Verdi, Berlioz, Gounod & Meyerbeer, Decca

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