So oder so: Kraftwerk sind längst ein Fall fürs Museum

Die 3-D-Video-Installation der Elektronik-Pioniere im Kunstbau des Lenbachhauses
Christa Sigg |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News

Helmut Friedel findet doch immer wieder zu seinem Blauen Reiter. Klar, das gehört für den Chef vom Lenbachhaus zum Job. Aber man muss gar nicht im legendären Almanach blättern, die Kraftwerker selbst bekennen sich frank und frei zu Mondrian und Kandinsky. Damit könnten sie sowieso viel mehr anfangen als mit all der Kunst ihrer Zeit, die man den Elektro-Pionieren unterjubeln will.

Und deshalb ist die Band gar nicht schlecht eingebettet, im musealen Kontext des Hauses. Den gerne etwas kühl empfundenen Kunstbau haben die 70er-Avantgardisten mit ihren 3-D-Video-Installationen zur Disko-Röhre umfunktioniert. Natürlich braucht’s auch hier eine 3-D-Brille, um einzutauchen in den computeranimierten Kraftkosmos. Dann schwebt die Raumschiff-Orion-trifft-auf-Barbies-Ken-Crew in feinen Symmetrien zwischen den Betonpfeilern.

Die stakkatohaften Robo-Posen haben nach all den Jahren etwas anheimelnd Nostalgisches, damals, in der guten alten Zeit, konnte man noch nicht ahnen, dass uns irgendwann Trojaner durchleuchten würden. Tanzende Buchstaben und wirbelnde Zahlenreihen vermitteln den sterilen Chic der Vergangenheit, damit bastelt sich längst das Öffentlich-Rechtliche seine Pausenfüller, der vertraute Minimal-Synthie-Sound läuft Gefahr, ins Puschelig-Harmlose zu driften. Aber das ist nicht der Punkt. Kraftwerk sind schließlich nicht angetreten, sich mit ihren Konzert- und Alben-Adaptionen „Roboter“ oder „Electric Café“ unter Video-Kids und Installations-Künstler zu mischen.

Die Herren sind Kunst, und hier inszeniert sich eine Legende endlich im Museum. Dafür liefern die vier Glaskästen neben der langen Kunstbau-Rampe das sinnfälligste Bild der ganzen Schau: In jedem dreht ein Kraftwerk-Boy im fluoreszierenden Anzug das Köpfchen. Und man wird dieses Gefühl nicht los, dass im edlen Dunkel einfach nur Schneewittchen-Särge in die Höhe ragen.

All dem zum Trotz: Die 3-D-Schau macht Laune. Was man nicht von jeder Ausstellung sagen kann.

Kunstbau des Lenbachhauses, 15. Oktober bis 13. November 2011, Di bis So 10 bis 22 Uhr; statt Katalog gibt’s ein Kling-Klang-Buch, 39.80 Euro

  • Themen:
Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.