Kritik

So ist David Finchers "The Killer"

David Finchers Studie mit Michael Fassbender lässt den Zuschauer eiskalt
Adrian Prechtel
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Auch Mörder machen mal Pause: Michael Fassbender als Profikiller.
picture alliance/dpa/Netflix Auch Mörder machen mal Pause: Michael Fassbender als Profikiller.

Am Anfang steht ein Spiel mit dem Zuschauer: Ein Auftragsmörder hat sich in Paris in einem noch unbewohnten Baustellenzimmer gegenüber einer verglasten Mansardensuite eines Hotels spartanisch einquartiert. Und weil dieser "Extremberuf" - und für den immer namenlosen Killer ist er eine echte Berufung - vor allem aus tagelangem Warten auf den perfekten Moment besteht, erklärt uns Schauspieler Michael Fassbender in einem inneren Monolog aus dem Off minutenlang die Psychologie eines "Killers". Dazwischen - ganz im Zeitgeist: Yoga.

Dann ist es soweit. Ein Geschäftsmann betritt unten die Lobby, nach kurzer Zeit geht oben in der Suite das Licht an und wir sehen ihn von der gegenüberliegenden Seite mit einer Prostituierten. Der Killer baut seine Präzisionswaffe zusammen, zielt durch das Fernrohr, das zur Kamera wird. Aber was wollen wir als Zuschauer mit der filmisch suggerierten Identifikation mit dem Killer? Dass der Mörder trifft? Oder, dass es schief geht, weil die beiden gegenüber auch mal hinter einem Vorhang wegtauchen.

Hinter dem Thriller "The Killer" von Altmeister David Fincher ("Fight Club") steht die These: Jeder von uns kann ein Killer sein! Aber woher eine generelle extreme Empathielosigkeit bei Menschen kommen soll, die jedenfalls Voraussetzung für geschäftsmäßiges Töten ist, kann der Film nicht herleiten. Das bleibt die große Leerstelle des Konstrukts, das eine Adaption der französischen Comic-Serie "Le tueur" ist.

Es wird einige Tote geben. Und die berühmte Abweichung des Killers von seinen rationalen, eisernen Prinzipien - wie nie Persönliches zu involvieren - , löst eine Katastrophe für ihn aus. Aber bei aller filmischen Perfektion und einem genialen Sounddesign lässt der Thriller einen trotz Spannung und Action kalt. Und sollte genau diese sterile Kälte des Films und seiner Figuren doch auch eine Gesellschaftskritik sein, ist sie nicht plausibel, weil es keinen sozialen, politischen oder gesellschaftspsychologischen Überbau jenseits der klassischen Killer- und Rache-Handlung gibt.

Tilda Swinton hat gegen Ende einen grandiosen Auftritt als bisher anonyme Auftraggeberin, die nachts in einem Edelrestaurant ihren Killer trifft, wissend, dass sie selber gleich umgelegt werden wird. Es ist wie eine Henkersmahlzeit - nur hier eher ein Gin-lastiges Henkerstrinken. Also Raum für einen zynischen, lebensmüden, hypereleganten Monolog, der immer nur kurz zum Dialog wird durch Erwiderungen des Killers, der subtile Wortgefechte nicht gewohnt ist. Denn Morden bleibt ein einsames Geschäft.

R: David Fincher (USA, 118 Min.), Kino: City Atelier (OmU), Leopold (OmU), Monopol (Omu), Neues Rottmann

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