Singt mir das Lied vom Tod
Mehr als sein Klavier braucht dieser Mann nicht. Das ist schon ein Bild der selbst gewählten Einsamkeit, das Randy Newman über seine Jahrzehnte umspannende Karriere immer wieder gepflegt hat. Auf seiner Tournee ist der 68-Jährige wieder ohne Begleitung unterwegs, Newman pur, und wenn der große US-Songwriter sein Publikum zum Mitsingen aktiviert, dann natürlich nur, wenn es um den Tod geht. Bei seinem Grabeslied für alte Rockstars, die nicht abtreten wollen, singt er „I’m dead but I don’t know it”, das Publikum fügt auf Anleitung Newmans „He’s dead, he’s dead” hinzu. Und er meint, wow, das sei zu enthusiastisch! Und schmunzelt.
Seine Klassiker seit den Siebzigern kennen viele wohl nur als Cover. „You Can Leave Your Hat On”, der Striptease-Song, bekommt im schleppenden Ragtime-Puls von Newmans souveränem Klavierspiel eine ernste, welttrübe Grundierung. Die tiefblauen Noten beherrscht er sicherlich auch im Schlaf, genauso wie die süßen, auch die schwärzesten Gedanken umspielenden Melodien.
Über zwei Stunden füllt Newman mit zweiminütigen Song-Geschichten, mit Bar-Jazz, der keinen Zigarettenrauch braucht, um leichten Nebel zu erzeugen. Selbst in der hallenden Akustik der Philharmonie kann man da einfach nur Gehör schenken. Natürlich: Der „Hass”-Song gegen die „Short People” hat nichts an seiner Ironie verloren, aber die Bissigkeit von einst hat gegen die Nostalgie von heute keine Chance. Man ist gerührt.
Newmans charismatische, vielleicht von einer Erkältung zusätzlich angekratzte Stimme bricht, wie manches Herz, von dem er singt. Dafür kann es nur Standing Ovations geben. Er nimmt sie ernst, nach sauber getaner Arbeit entgegen.