Sex, Drogen und ein Heidenzoff
Mit den „Göttern Griechenlands” gibt der Neue der Antikensammlung seinen Einstand am Königsplatz
Dagegen kann selbst Hollywood nicht anstinken, mit seinen Spielbergs und Camerons und Tarantinos. So aufregend, so fantastisch, so perfide und auch so irre sind diese uralten Plots von Vätern, die vorsorglich die schwangere Mutter verschlingen, weil der womöglich männliche Balg nach der Herrschaft gieren könnte. Von Frevlern, denen die Haut abgezogen wird, und von Affären, die einäugige Kyklopen und hundertarmige Riesen hervorbringen. Florian Knauß, der neue Chef der Antikensammlungen und der Glyptothek, hat mit seiner ersten Ausstellung gleich ganz nach oben, in den Olymp gegriffen: zu den Göttern Griechenlands.
Und damit erhält der Nachfolger von AZ-Ehrenstern-Träger Raimund Wünsche neben vielen hochkarätigen Objekten – das meiste aus dem Haus – eben auch jede Menge attraktiven Stoff. Der schreit allerdings nach Erklärung, „die Besucher, die die Göttersippschaft von Zeus bis Artemis runterbeten können, werden ja weniger”, sagt Knauß. Erst recht will er deshalb beim bewährten Konzept bleiben, also in Sonderausstellungen die großen kulturhistorischen Themen anschaulich vermitteln. Neben elegant posierenden Damen wie der schaumgeborenen Aphrodite oder einer nicht immer gut gelaunten First Lady Hera, schleudert der Oberboss seine Blitze, kämpfen göttliche Brüder und torkelt Dionysos samt ekstatischer Entourage der Erlösung entgegen.
Bei den Unsterblichen – das ist tatsächlich das Einzige, wodurch sich die Götter von ihren Griechen unterscheiden – menschelt’s gewaltig. Allerdings in olympischer Potenzierung. Nicht nur Platon monierte die durch Homer und Hesiod erwähnten Ausschweifungen, die man durchaus als antike Hardcore-Version von „Sex and Drugs and Rock’n’ Roll” verstehen kann. Auch deshalb sind diese Götter bis heute von besonderem Reiz. Und präsent: von der empfindlichen Archillessehne bis zur sinnfreien Sisyphos-Arbeit. Erst recht liefern Zeus’ Seitensprünge bis in unsere Tage Stoff für Bücher und Bühnen. Immerhin ist so die Ur-Patchworkfamilie entstanden.
Wenn es gelingt, das zu vermitteln, müssten die beiden Häuser am Königsplatz regen Zulauf haben. Auch ohne angesagten Animationskram. Knauß wünscht sich, dass seine Besucher hinschauen, „so wie das Kinder tun, die mich immer wieder mit ihrer Neugier und ihren Entdeckungen verblüffen”, sagt er. Und den nächsten Groß-Coup hat er auch schon in Planung: eine Etrusker-Schau 2015, wenn alles gut geht.
Bis 7. Juli 2013 in den Staatlichen Antikensammlungen und der Glyptothek, Dienstag bis Sonntag 10 bis 17 Uhr, Katalog 25 Euro
- Themen: