Servus, most emotional Motorhaube

Nach 17 Jahren in Hochspannung trennen sich Design-Chef Chris Bangle und BMW. Eine Entscheidung, die bei den Fans des Münchner Autobauers Emotionen von Erleichterung bis Begeisterung auslösen dürfte.
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MÜNCHEN - Nach 17 Jahren in Hochspannung trennen sich Design-Chef Chris Bangle und BMW. Eine Entscheidung, die bei den Fans des Münchner Autobauers Emotionen von Erleichterung bis Begeisterung auslösen dürfte.

Man bemüht sich um größtmögliche Nüchternheit: „Nach fast 17 Jahren gemeinsamer Designentwicklung bei der BMW Group übergibt Christopher E. Bangle, Direktor BMW Group Design, den Stab an Adrian van Hooydonk, Leiter Design BMW Automobile.“ So die Mitteilung des Unternehmens.

Bei nicht wenigen BMW-Fans wird die Personalie Emotionen von Erleichterung bis Begeisterung auslösen. Wer das Auto als nützliches Fahrmöbel sieht, war kein Freund von Bangle. Wohlgefälliges, harmonisches Design und der 52-jährige gebürtige Amerikaner schlossen sich gegenseitig aus. Spätestens seit Bangle 2001 die erste Version der neuen 7er-Reihe präsentierte, ein Auto wie eine einzige klobige Kante aus Blech, teilte sich die BMW-Welt vor allem in Deutschland in Bangle-Hasser und Bangle-Jünger. Ungeachtet des steilen Aufstiegs der Marke zum Weltmarktführer, blieb die ablehnende Fraktion bis zum Schluss die lautere.

Der Designer als Feind des Autos?

Dass BMW mit „Bangle muss weg“ übersetzt wurde, dass zeitweilig im Internet eine Petition kursierte, die seine Demission forderte, dass das Kasten-Heck den Spottnamen „Bangle butt“ bekam – all das zeigt, wie gut es Bangle gelang, mit seiner Formensprache zu emotionalisieren und zu provozieren. Ein Kritiker schrieb 2004, bislang hätten weder Ökonomen noch Ökologen dem Auto etwas anhaben können, aber sein „ärgster und letzter Feind“ sei der Designer – und zielte damit auf Bangle.

Keiner verstand es so gut wie er, Automobile mit Gefühlen aufzuladen und dabei nicht nur die Wohlfühl-Karte zu spielen. „Die Straße ist gefährlich“, war sein Spruch dazu, und dabei klang eine Vorfreude durch, mit der wohl zuletzt die Steinzeitmänner in den Kampf gezogen waren. Angst war auf Bangles Straße die Sache der anderen. Das war der Geist, aus dem seit 1992 ein gutes Dutzend Automodelle mit Bangle-Gesicht (und -Hintern) entstanden, mit dem ewig umstrittenen 7er auf der einen und dem als schönstes Auto der Welt bejubelten Z8 auf der anderen Seite des Spektrums.

Ab ins Museum

Berühmt-berüchtigt waren seine luftig-intellektuellen Eigeninterpretationen in schrullig-liebenswertem Denglisch, etwa wenn er vom „most emotional Motorhaube effect“ schwärmte. Mal sagte er zum Kulturmagazin „aviso“: „Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass unsere Autos Kunstwerke sind“, dann zur AZ: „Wir machen hier keine Kunst.“ Stringenz musste nicht sein, Kante schon.

Wenn Bangle sich nun nach eigenem Bekunden einen Job außerhalb der Autobranche suchen will, bedeutet das auch einen Paradigmenwechsel für BMW: Das Auto hat als ästhetisch radikale Zukunftsmaschine ausgedient. Bald wird man nur in Museen sehen können, welche Qualitäten Bangles rollende Aufreger langfristig haben.

Michael Grill

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