Servus, Heimat!
Bei den diesjährigen Münchner Filmfestspielen sind bayerische "Schmankerl", unbekannte Entdeckungen und einige Weltstars an der Isar.
Am letzten Abend vor der Palmen-Gala hatte Festival-Chef Andreas Ströhl ihn am Handy angerufen. Gerade war der Französische Film „Die Klasse“ von Laurent Cantet in Cannes vor wenigen Kritikern gezeigt worden. Die meisten waren an diesem leicht regnerischen Schluss-Samstag bereits abgereist. Ströhl schlug Cantet vor, seinen Film zur Eröffnung des Münchner Filmfestes zu zeigen. Man wurde sich einig.
Dann kam am nächsten Abend die Sensation: „Die Klasse“ gewann die Goldene Palme und Ströhl war mit gutem Instinkt ein Coup gelungen. Denn jetzt rissen sich alle um den Film, der Verleih wurde sofort vorsichtiger, aber Ströhl hatte den Film bereits fest für München gebucht. So wird am Freitag bei der Eröffnungsgala des 26. Filmfest München der Film über eine französische Hauptschulklasse gezeigt.
Bayerisches Lebensgefühl beim Filmfest
Aber das Münchner Filmfest wäre nicht das Filmfest der Isarstadt, wenn im Programm mit über 230 Filmen aus 41 Ländern nicht auch das bayerische Lebensgefühl zum Zuge käme, heuer ganz besonders hochkarätig: Jo Baier präsentiert „Liesl Karlstadt und Karl Valentin“, das tragikomische Paar. Marcus H. Rosenmüller ist mit seiner Geschichte über den „Räuber Kneißl“ (gespielt von Maximilian Brückner) vertreten. Fans sollten sich schnell die Karten sichern, die bayerischen Film-Schmankerl sind sehr begehrt.
Fehlte eigentlich nur noch die Großproduktion des Münchner Filmkraftpaketes Joseph Vilsmaier. „Aber sein ,Brandner Kaspar’ mit Franz Xaver Kroetz und Bully Herbig als Boandlkramer war leider noch nicht fertig“, sagt Ströhl.
Erstmals in Deutschland wird auch Andreas Dresens Streifen „Wolke 9“ aufgeführt Die freizügig leidenschaftliche Liebesgeschichte dreier älterer Menschen war wie der Eröffnungsfilm „Die Klasse“ bereits in Cannes mit stehenden Ovationen gefeiert worden.
Hollywoods Star-Regisseure vertreten
Die Internationale Reihe zeigt unter anderem Peter Greenaways Rembrandt-Biografie „Nightwatching“, Barry Levinsons Porträt „What Just Happened“ über einen Hollywood-Produzenten (Robert De Niro) und Francis Ford Coppolas Drama „Jugend ohne Jugend“ mit Alexandra Maria Lara über einen Professor, der durch einen Blitzschlag seine Jugend zurückerlangt.
Neu ist in diesem Jahr die Reihe „Das Jahr des Drachen“ mit Filmen aus China. Außerdem sind in einer Retrospektive alle 28 Filme vom Münchner Gesamtkunstwerk Herbert Achternbusch zu sehen. Als Ehrengast wird die britische Oscar-Preisträgerin Julie Christie erwartet, die den Ciné-Merit-Award erhält. Zum Abschluss zeigt Peter Schamoni seinen neuen Dokumentarfilm „Botero“ über den kolumbianischen Maler und Bildhauer Fernando Botero, der zur Schlussgala am 28. Juni sein persönliches Erscheinen versprochen hat.
Unbekannte Filme als echte Entdeckungen
„Natürlich werden die Starfilme-Filme schnell ausverkauft sein“, meint Ströhl: „Aber ich rate den Münchnern: Gehen Sie in die unbekannteren Filme. Vertrauen Sie uns: Wir zeigen viele Filme, die nicht ins Kino oder Fernsehen kommen, die aber echte Entdeckungen sind. Das macht unser Festival ja so spannend.“
Drei fallen Ströhl spontan ein: Die belgische Komödie „Moscow, Belgium“, der Film mit Ben Kingsley als Psychiater, „The Wackness“, oder der polnische Film „Time to Die“ mit der Schauspiellegende Danuta Szaflarska über eine alte Dame in einer Villa im Kampf mit den wechselnden Nachbarn.
Und wer die Wirklichkeit im französischen Klassenzimmer kenenngelernt hat, kann sie sich gleich auch an einer Münchner Hauptschule zeigen lassen, im Dokumentarfilm „Klassenkampf“ von Uli Kick.
Adrian Prechtel