Scorpions sagen Servus
Die Scorpions auf Abschiedstournee in der Olympiahalle
Eine Band auf Abschiedstournee muß naturgemäß dazu neigen, ihre Setlist wie eine große Retrospektive zusammenzustellen. Das ist üblich und auch legitim. Wenn man aber auch noch alle Showeffekte aus 45 Jahren Bühnenleben wiederbeleben und in einen einzigen Abend packen will, dann wird's problematisch. Wie bei dem deutschen Hardrock-Wunder Scorpions. Und tatsächlich: Die Show hat in der ausverkauften Olympiahalle die Musik überlagert. Das war zu viel des Guten.
Eine Lautstärke zwischen Düsenjet und Tinnitus, Lichtkanonen im Dauereinsatz, ebenso Videos im Schnelldurchlauf und eine rastlose Bühnenkamera. Dazu eine mindestens drei Meter hohe hydraulische Hebebühne fürs Schlagzeug in ständiger Aktivität, und mehrere andauernd unmotiviert explodierende Grillfeuer am Bühnenrand. Das Drumherum macht sich selbstständig, korrespondiert nicht mehr mit der Musik, stiehlt ihr gar die Show. Man weiß gar nicht, auf was man sich zuerst konzentrieren soll. Vielleicht auf Bekanntes aus alten Tagen, auf Hits wie „Holiday", „Big City Nights", oder auf Neueres wie "Are You Ready To Rock" oder „The Good Die Young"? Oder gleich auf die unvermeidlichen Evergreens wie "Still Loving You", „Rock You Like A Hurricane" oder gar „Wind Of Change", die Ballade, die der Fan-Sage nach den Eisernen Vorhang gelupft haben soll?
Am besten ist man bedient, wenn sich die Band traut, eingestampfte Pfade zu verlassen und zum Beispiel „The Zoo" in einer ziemlich freien Version präsentiert: Die beiden Gitarristen Rudolf Schenker und Matthias Jabs spielen sich im gegenseitigen Wettbewerb an wie bei einer Session und übertreffen sich gegenseitig an Gags und Einfallsreichtum. bei dieser härtesten Scorpions-Überdosis aller Zeiten.
Arno Frank Eser