"Schreiben kann man nicht lernen"

Der Schriftsteller Herbert Rosendorfer verabschiedet sich von seiner Professur an der Münchner Uni
von  Abendzeitung

Der Schriftsteller Herbert Rosendorfer verabschiedet sich von seiner Professur an der Münchner Uni

Tagsüber Jurist, abends Schriftsteller: Am bekanntesten aus dem umfangreichen erzählerischen Werk von Herbert Rosendorfer wurden die "Briefe in die chinesische Vergangenheit" (1983). Bis heute lehrte er Bayerische Literaturgeschichte in München, nun zieht er sich ganz nach Südtirol zurück, wo er seit 1997 lebt.

AZ: Herr Rosendorfer, welche Oper haben Sie sich zuletzt angesehen?

HERBERT ROSENDORFER: "Der Liebestrank" von Gaetano Donizetti in der Wiener Oper. Die alte Inszenierung von Otto Schenk. Ich gehe mit gebotener Vorsicht in Vorführungen und nur dann, wenn ich nicht befürchten muss, dass es Regietheater ist. Die Oper, wie auch das Theater, sind Märchen, sie sind ein Fest. Wenn man sie für eine politische oder weltanschauliche Aussage missbraucht, dann stellen sich mir die Haare auf. Solange Dieter Dorn noch Indendant an den Münchner Kammerspielen war, bin ich dort ein eifriger Besucher gewesen.

Sie wettern gegen vieles - was ärgert Sie denn zur Zeit am meisten?

Die schädliche Toleranz gegen die mohammedanische Intoleranz. Nicht jeder Muslim ist ein Terrorist, das weiss ich auch. Dass sich aber die Politiker bei dem Thema derart in die Hose machen, halte ich für sehr gefährlich. Der islamischen Kultur genügt der Koran. Es gibt keine Reformation, keine Renaissance, keine Aufklärung, keine Musik- und Literaturgeschichte. Die Kulturen stehen so gegeneinander, dass nur eine gewinnen oder verlieren kann. Es gibt nur ein entweder - oder. Davon handelt auch ein Kapitel in meinem Buch "Der Hilfskoch oder Wie ich beinahe Schriftsteller wurde".

Heute halten Sie an der Uni Ihre Abschlussvorlesung. Worüber sprechen Sie?

Johann Wolfgang von Goethe und die Französische Revolution. Da ich mich in letzter Zeit mit Johann Wolfgang von Goethe befasst habe, wollte ich das machen.

Wie schwierig ist es denn, Schriftsteller zu werden?

Schriftsteller ist kein Beruf, sondern eine Berufung. Entweder hat man sie oder nicht. Man kann Literatur studieren, aber man kann nicht lernen, zu schreiben. Eine andere Frage ist, ob man damit Erfolg hat. Ich habe mich immer gefragt, was wohl aus meinen Studenten wird. Einer, Michael Seiler, ist ein sehr, sehr guter Autor geworden. Die Kabarettistin Luise Kinseher hat bei mir ihren Magister gemacht. Auch die Chanson-Sängerin und Schauspielerin Susi Brantl hat bei mir studiert.

Ihr jüngster Roman "Der Mann mit den goldenen Ohren" spielt in Venedig.

Das ist reiner Zufall. Das Buch, das wahrscheinlich "Die Zweite Stadt oder Die Delphinprinzessin" heissen wird, habe ich bereits vor 50 Jahren geschrieben, aber nie veröffentlicht. Stilistisch war ich nicht zufrieden. Die Geschichte war aber gut. Es wird der komplizierteste Roman, den ich je geschrieben habe. Ich nenne ihn einen kybernetischen Roman. Die Handlung spielt auf vier Ebenen. Es geht um einen Kriminalkommissar, der eine Autorin umbringt. Daneben schreibe ich noch ein Kochbuch über Henkersmahlzeiten und ihre Geschichte. Die Rezepte verfasst der Sternekoch Herbert Hintner. Kochen kann ich nicht.

Nadja Mayer

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