Schöner Schmutz

Salzburger Festspiele: Paavo Järvi beendet den Beethoven-Zyklus im Haus für Mozart
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Salzburger Festspiele: Paavo Järvi beendet den Beethoven-Zyklus im Haus für Mozart

Bei den Münchner Groß-Orchestern gilt der Este als Spezialist für nordische Düsternis. Zwei forsch-furiose Platten weckten die Hoffnung, Paavo Järvi könnte ein zentraler Beethoven-Dirigent der nächsten Jahre werden. Nun hat er sie eingelöst: Sein Zyklus der neun Symphonien mit der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen wurde ein erster Höhepunkt der diesjährigen Salzburger Festspiele.

Järvi orientiert sich am historisch informierten Musizieren von John Eliot Gardiner oder Roger Norrington, lässt aber auf modernen Instrumenten spielen. Er folgt Beethovens raschen Metronomangaben. Mit acht ersten Geigen ist die Besetzung klein, der obertonreiche Bläserklang scharf. Der Dirigent sorgt für eine pulsierende Phrasierung, lässt Herzblut zu und verzichtet völlig auf die pompöse Heroenapotheose.

Steigerung bis zum Blitz

Järvis Beethoven ballt die Faust. Dieser Zugriff passt hervorragend zur Achten mit ihrer aggressiven Heiterkeit. Der Dirigent hat einen wachen Sinn für tänzerische Rhythmen und inszeniert aus der Ruhe dramatische Steigerungen, die in knapp aufblitzenden Höhepunkten gipfeln. Beim Spiel der Kammerphilharmonie fühlte man sich oft an Nikolaus Harnoncourts Wort erinnert, dass die Bogengeräusche als „Schmutz der Musik“ eigentlich das Allerschönste sind.

Die Neunte, aufgeführt mit dem etwa 40-köpfigen Deutschen Kammerchor, gelang nicht so perfekt. Der erste Satz wirkte wie eine Federskizze zu dem Monumentalgemälde, das ein Christian Thielemann hier entwirft. Das Wechselspiel zwischen den Streichern und Bläsern am Ende der Exposition des Kopfsatzes klapperte. Im Freuden-Finale ging wegen der kleinen Besetzung der vorzügliche Tenor Michael Schade ausnahmsweise nicht unter. Die Farben der türkischen Musik glitzerten, aber interessante Einzelmomente wuchsen nicht wirklich zu einem Ganzen zusammen.

Ein Vielbeschäftigter

Wer nun auf die Idee käme, der Mann könne das bräsige Beethoven-Einerlei an der Isar aufmischen, sei gewarnt: Der künstlerische Leiter der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen ist in einer unter Dirigenten einmaligen Ämterhäufung auch noch Chef in Cincinnati, des hr-Symphonieorchesters Frankfurte und ab 2011 auch beim Orchestre de Paris. Bei soviel Stress wundert es nicht, dass der Dirigent neulich hinter dem Steuer eines Autos mit laufendem Motor alkoholisiert und schlummernd von der Polizei aufgegriffen wurde.

Robert Braunmüller

Die Beethoven-CDs von Paavo Järvi und der Kammerphilharmonie Bremen bei SonyBMG

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