Sat 1 baut die Mauer neu auf

Teamworx produziert den aufwändigen Zweiteiler „Die Grenze“ mit Benno Fürmann in einer der Hauptrollen. Die provokante Fiktion: Mecklenburg-Vorpommern spaltet sich als „kleine DDR“ ab
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Undercover-Mann Rolf Haas (Benno Fürmann) wird an der neuen Grenze, die Deutschland teilt, aufgehalten.
Sat 1/Stephan Rabold 3 Undercover-Mann Rolf Haas (Benno Fürmann) wird an der neuen Grenze, die Deutschland teilt, aufgehalten.
Fiktives Wahlplakat: Thomas Kretschmann spielt den rechten Demagogen Maximilian Schnell
Sat 1/Stephan Rabold 3 Fiktives Wahlplakat: Thomas Kretschmann spielt den rechten Demagogen Maximilian Schnell
Die Bundeskanzlerin (Katja Riemann mit Karl Heinz Kruse) versucht  die rechte Partei DNS zu stoppen.
Sat 1/Stephan Rabold 3 Die Bundeskanzlerin (Katja Riemann mit Karl Heinz Kruse) versucht die rechte Partei DNS zu stoppen.

Teamworx produziert den aufwändigen Zweiteiler „Die Grenze“ mit Benno Fürmann in einer der Hauptrollen. Die provokante Fiktion: Mecklenburg-Vorpommern spaltet sich als „kleine DDR“ ab

Ein weißer Jeep rast durch Pausin, einem kleinen brandenburgischen Dorf bei Berlin. Etliche Einwohner beobachten, wie der Wagen von jungen Burschen in Springerstiefeln aufgehalten wird – einige von ihnen haben Glatzen. Ein lauter Streit entsteht, ein Molotowcocktail fliegt, der Wagen brennt. Benno Fürmann springt aus dem Auto, reißt dem Fahrer die beige Jacke vom Leib und schlägt auf die Flammen ein. Und die Pausiner? Die beobachten nur, niemand greift ein.

Das ist auch gut so, denn es wird gerade eine Szene für den Teamworx-Zweiteiler „Die Grenze“ gedreht. Ein paar Anwohner merken allerdings nicht, dass ihre lautstarke Grillparty das Team stört. Fürmann rettet die Situation, indem er sich bei der lustigen Gesellschaft eine Grillwurst bestellt. Man versteht sich.

Für Fürmann ist „Die Grenze“ – Sat1 will den Zweiteiler im Frühjahr zeigen – ein besonderer Film. „Hier wird eine Situation auf die Spitze getrieben, von der wir manche Elemente bereits haben“, sagt er der AZ. „Die Menschen bangen um ihre Existenz, und Angst ist immer der beste Nährboden für Populisten, die Unmögliches versprechen.“

Der Demagoge im Film heißt Maximilian Schnell (Thomas Kretschmann), er sammelt die extreme Rechte in seiner Partei DNS. Schnell will die Abspaltung Mecklenburg-Vorpommerns und nutzt die massive wirtschaftliche Krise, die durch einen Terroranschlag im Nahen Osten auf Raffinerien noch verschärft wird, um die Menschen auf seine Seite zu ziehen. Die Kanzlerin (Katja Riemann) unternimmt alles, um ihn zu stoppen und die bürgerkriegsähnlichen Zustände in Griff zu bekommen. Ihre Geheimwaffen: Undercover-Mann Rolf Haas (Fürmann) und Agentin Linda Hehn (Anja Kling).

Immer wieder wird der weiße Jeep an diesem heißen Sommertag in Brand gesetzt, gelöscht und gesäubert. Ein ums andere Mal durchbricht Fürmann die fiktive Grenze und flieht vor dem rechten Mob. Hinten im Auto sitzt Marie Bäumer. Sie spielt die Ex-Geliebte von Haas und erzählt, dass der Zweiteiler durchaus eigene Sorgen aufgreife. „Ich habe Angst vor Rechtsextremisten und ihren wachsenden Zulauf. Bereits nach der Wende empfand ich diese Entwicklung als sehr bedrohlich.“ Fürmann pflichtet bei: „Es gibt viel zu viele Nazis und Rechte, die eine menschenverachtende Haltung proklamieren.“ Ihn störe vor allem die alltägliche Diskriminierung, die Ausländer erleben. „Türkische Freunde erzählen mir, dass sie eine Wohnung schon sicher hatten. Als sie dann aber ihren Namen nannten, war die Wohnung auf einmal nicht mehr frei.“

Ständig zieht die Crew nun um, die Szene soll von allen Seiten ins Bild gesetzt werden. Und wieder fliegt der Molotowcocktail. Roland Suso Richter inszeniert den von Nico Hofmann mit einem Budget von acht Millionen Euro produzierten Zweiteiler. „Für mich hat sich jetzt so etwas wie eine Trilogie ergeben“, sagt Richter. 2001 hat er mit „Der Tunnel“ die Grenze untergraben, sie 2007 mit „Das Wunder von Berlin“ niedergerissen. „Nun schließt sich eine Fiktion an, in der die Grenze wieder aufgebaut wird.“

Und dann will Richter, dass Fürmann noch einmal die Flammen löscht. „Wir erleben hier keinen Helden“, erklärt der noch schnell. „Haas dringt nur deshalb als Maulwurf in die rechte Szene ein, weil ihm der Verfassungsschutz die Pistole auf die Brust setzt. Eigentlich ist er völlig apolitisch.“

Apolitisch ist Fürmann ganz und gar nicht. Er setzt sich unter anderem für Amnesty International ein. Hat sich was geändert, seit dem er Vater geworden ist? „Nein“, sagt er, „um faschistische, rassistische und sexistische Tendenzen zu verachten, musste ich nicht Vater werden. Aber mir ist die Welt insgesamt wichtiger geworden, weil es nicht mehr nur meine Welt ist. Meine Tochter wird darin weiterleben.“

Angelika Kahl

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