Salut, Commissaire Francis
Der Münchner Schauspieler Francis Fulton-Smith jagt in Paris für die ARD einen brutalen Serienkiller. Die AZ hat den Teamworx-Dreh zu "Tod an der Bastille" besucht
Francis Fulton-Smith lehnt an einer Hauswand in einer schmalen, düsteren Gasse im Pariser Bastille-Viertel. Dunkel wird es, es fängt zum Regnen an. Um Fulton-Smith bricht Hektik aus. Denn an diesem Abend muss die Szene im Kasten sein, es ist der vorletzte Drehtag für den neuen ARD-Krimi „Tod an der Bastille“, in dem der 42-jährige Münchner als Hauptkommissar Maurice LaBréa einen Frauenmörder jagt.
Einen TV-Kommissar habe er schon immer spielen wollen, sagt Fulton-Smith während die Crew die Szene einleuchtet. „LaBréa ist ein allein erziehender Vater, traumatisiert durch den Mord an seiner Frau. Jetzt jagt er einen Wahnsinnigen, der eine Frau nach der anderen absticht. Und das Trauma kommt beim Anblick der ersten Leiche sofort zurück.“
Damit es für die Zuschauer nicht allzu traumatisch wird, geht es im Film nicht ganz so blutrünstig zu wie in der literarischen Vorlage. „Tod an der Bastille“ stammt von Alexandra von Grote und die lässt das Blut ganz schön spritzen. Von Grote hat auch das Drehbuch zu der Teamworx-Produktion geschrieben, die Anfang nächsten Jahres ausgestrahlt werden soll. Drei LaBréa-Krimis gibt es schon. An zwei weiteren arbeitet von Grote. Kommt der Pariser Ermittler bei den Zuschauern an, wird daraus eine TV-Reihe.
„Fünf Millionen Zuschauer sind die magische Grenze“, sagt Teamworx-Chef Nico Hofmann, der auch die Donna-Leon-Krimis produziert. Die LaBréa-Crew – bis hin zu Regisseur Sigi Rothemund (siehe Interview) – hat schon in Venedig die Fälle des Commissario Brunetti inszeniert. Dennoch, LaBréa ist keineswegs der Brunetti von Paris. „Von Grote schreibt viel aggressiver. Es ist das komplette Kontrastprogramm zu Donna Leon“, sagt Hofmann. Seit Jahren habe er mit Fulton-Smith einen Krimi machen wollen. „Dass Francis, der ja für sehr warme und frauenaffine Stoffe steht, LaBréa spielt, ist auch ein Risiko, das mich sehr reizt.“
Nächste Woche schon wird Fulton–Smith wieder als „Dr. Kleist“ vor der Kamera stehen, doch noch genießt er Paris. „Die Stadt der Liebe ist eine Inspiration“, sagt er. „Wir zeigen sie aber auch von einer anderen Seite.“ Als gesellschaftlicher Schmelztigel bringe sie nämlich viel Positives hervor, aber auch extreme Abgründe.
Genau diese hat von Grote in ihrem Krimi verarbeitet. Um Erfolg zu haben – gerade beim jungen Publikum - müssen Krimis heute härter sein, glaubt Hofmann. „Die Zuschauer sind an die extrem anspruchvolle Machart von US-Serien wie ,CSI’ gewöhnt“, sagt er. Auch der „Tatort“ sei heute viel zeitbezogener, aggressiver und dunkler. Was Besonderes muss es eben sein, will man das Publikum locken. „Und es gibt kein Land, das eine so verwöhnte Krimi-Zuschauerschaft hat wie Deutschland“, sagt Hofmann. „Die Deutschen sind die absoluten Krimi-Weltmeister.“
Angelika Kahl
Mit Blaulicht durch die Stadt
Der Regisseur Sigi Rothemund (64) inszeniert seit 2002 die Donna-Leon-Krimis. Er dreht überall auf der Welt, aber in Paris beim "LaBréa"-Dreh findet er es besonders anstrengend.
AZ: Herr Rothemund, Sie drehen an den Rummelplätzen der Welt, „Commissario Brunetti“ in Venedig, „LaBréa“ jetzt in Paris. Wie ist das?
SIGI ROTHEMUND: Paris macht sehr viel Spaß. Mit der Hektik, den vielen Menschen und dem Wahnsinns-Verkehr ist es aber auch hart, hier zu arbeiten. Aber ich habe schließlich viel erlebt und jedes denkbare Problem schon drei Mal überstanden. Beim ersten Mal allerdings ist man unter Schock, wie paralysiert.
Wie meinen Sie das?
Bei den Jugendserien wie Jack Holborn habe ich am Ende gedacht, ich bin halb tot vor lauter Anstrengung. Beispielsweise, wenn das Schiff in der Brandung umkippt ist, anstatt zu fahren. Hier in Paris sind es der Verkehr und die Bürokratie, die alles sehr anstrengend machen. Plötzlich durften wir beispielsweise an einem bestimmten Platz nicht drehen, waren aber schon mit dem ganzen Team vor Ort. Im Vergleich zu Paris ist Venedig mit seinen 70 000 Einwohnern ein Dorf.
Wird auch der Film dadurch ganz anders?
Wir wollen uns ganz klar von den Donna-Leon-Krimis absetzen und das geschieht schon allein durch die Stadt, durch ihr Tempo. Hier gibt es auch ganz andere soziale Schichten. Mir ist hier in einem Lokal mein Geldbeutel gestohlen worden. Als ich die Rechnung zahlen wollte, war alles weg samt meiner ganzen Ausweise.
Wie unterscheidet sich Kommissar LaBréa von Brunetti?
Brunetti geht zu Fuß, LaBréa rast mit Blaulicht durch die Stadt und schneidet die anderen Fahrzeuge. Das drehen wir schon fast dokumentarisch.
Haben Sie die Krimis von Alexandra von Grote vor dem Dreh gelesen?
Nein, das mache ich ganz bewusst nicht, auch nicht bei Donna Leon. Meine Grundlage ist das Drehbuch, auf das ich auch Einfluss nehmen kann. So habe ich einen freieren Blick – den Filmblick.
Wäre es nicht schön, mal wieder in der Heimat zu drehen?
Stimmt, ich habe meinen letzten Film in München vor neun Jahren gemacht.
Flüchten Sie vor München?
Nein, überhaupt nicht. Ich bekomme keinen Film hier angeboten. Aber was dreht man auch in München? Es gibt die schöne Leopoldstraße, keine verottete Industrie oder ähnliches – es ist eine heile Welt.
Interview: aka
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