Rückkehr nach Riem
Lange war es still ums Kunstprojekt im Osten – jetzt will es die Stadt doch noch vollenden
Die Messestadt Riem ist für München ein Experimentierfeld mit guten wie schlechten Versuchen. Die „Kunstprojekte Riem“ gehörten zweifellos zu den guten: Europaweit einzigartig war, die Entwicklung eines völlig neuen Stadtteils von Anfang an mit Kunst zu begleiten.
Möglich wurde dies durch ein neues Finanzierungsmodell: Ein Teil der städtischen Baukosten kam in einen „Kunstpool“. In den Jahren nach 1999 schob die Kuratorin Claudia Büttner eine ganze Reihe von Projekten an, begleitete gemeinsam mit den Bewohnern das Werden der Baustellen mit überwiegend temporären Installationen. Diese erste Riemer Kunst-Phase endete abrupt 2003, als Büttner auf die Kulturreferentin Lydia Hartl prallte und alle Pläne durchgeschüttelt wurden. Dann kam die Bundesgartenschau 2005, bei der die meisten Kunstwerke ebenfalls ein Verfallsdatum hatten. Danach wurde es still um die Kunst in Riem.
"Keinerlei Einschränkungen für die Künstler"
Doch manchmal geschehen auch in der Kulturverwaltung Wunder: Jetzt – in der Messestadt leben inzwischen mehr als 10000 Menschen – wird die Kunst in Riem doch wieder fortgesetzt. Mit großem Anspruch und ausgestattet mit immerhin einer knappen Million Euro. Der Stadtratsbeschluss kam vor einigen Wochen, nun tagt bereits eine Jury. Deren Beratungen unter Vorsitz von Kulturreferent Hans-Georg Küppers sind noch streng geheim – aber es ist erkennbar, dass es spannend werden könnte.
Seine Verwaltung schreibt: „Es ist beabsichtigt, über einen beschränkten Ideenwettbewerb ein oder mehrere wahrnehmbare Kunstwerke an exponierter Stelle auszuloben und zu entwickeln.“ Das heißt, dass von der Jury eine Handvoll international tätige Künstler ausgewählt werden, die dann in einem längeren Arbeitsprozess Kunst-Ideen entwickeln, von denen der Stadtrat ein oder zwei realisieren lässt. Die Kunstwerke sollen jedenfalls dauerhaften Charakter und eine Beziehung zur Messestadt und ihrer Geschichte haben. „Es ist der Wunsch der Bürger, dass etwas Bleibendes, Identitätstiftendes entsteht“, sagt SPD-Stadträtin Monika Renner. Ihr Kollege Georg Kronawitter (CSU) fände es gut, wenn die Kunst „die vielen rechten Winkel in der Messestadt“ aufbrechen würde.
Es gibt „keinerlei Einschränkungen für die Künstler“, betont Kerstin Möller, die zusammen mit Erwin Hartel im Kulturreferat das Projekt betreut, jeder Vorschlag werde diskutiert. Zeit sei bis 2012/13 – bis dahin soll Neu-Riem fertiggebaut sein.
In der Jury gibt es schon eine rege Debatte, wo die künftige Riemer Kunst denn am besten platziert wäre: Der Willy-Brandt-Platz ist sicher ein heißer Kandidat, ebenso die „Kopfbau“ genannten Reste des alten Flughafens im Westen. Denkbar wären aber auch die große Ost-West-Achse oder der Eingangsbereich Richtung Autobahn.
Ein Werk kommt aber schon mal auf jeden Fall: Das vom Bezirksausschuss gewünschte „Panorama-Tafelelement der Alpenkette“ auf dem Rodelberg für maximal 15000 Euro hat der Stadtrat bereits genehmigt. Auch das wird aus dem „Kunstpool“ bezahlt. Die Alpen sind ja schließlich ebenfalls dauerhaft und identitätsstiftend.
Michael Grill