Rückkehr des Vergessenen
Landshut feiert eine große Ausstellung über Herzog Ludwig X. und die Renaissance in Bayern
Aus Münchner Sicht liegt Landshut auf halbem Weg nach Passau und abseits. Die Macht, so vermuten es die heutigen Bewohner der Landeshauptstadt, war schon immer am Hofgarten zuhause, und die Renaissance, also jene Epoche der Geschichte, in der Wissenschaft, Kultur und Bürgersinn erstmals so richtig aufblühten, kann man am besten im Antiquarium der Residenz besichtigen. Dass das nicht ganz richtig ist, zeigt eine große, sehenswerte Ausstellung, die in Landshut heute mit einem Festakt gefeiert und übermorgen fürs Publikum geöffnet wird.
„Ewig blühe Bayerns Land“ heißt die Sonderausstellung der Bayerischen Schlösserverwaltung, der Untertitel verweist auf einen zu Unrecht Vergessenen: „Herzog LudwigX. und die Renaissance“. Jener Ludwig schaffte es zu Beginn des 16. Jahrhunderts, Bayern gemeinsam mit seinem Bruder Wilhelm IV. zu regieren, obwohl die kurz zuvor eingeführte Primogenitur-Ordnung das Aufteilen von Erbschaften untersagte. Wilhelm residierte in München, Ludwig in Landshut. Gemeinsam sorgten sie dafür, dass das Land katholisch blieb und dass Ober- und Niederbayern beieinander blieben – was ja beides bis heute nachwirkt.
Am Beginn der Neuzeit in Bayern
Ludwig hat noch mehr Verdienst, das man gar nicht genug würdigen kann, weil er auch die geistige und kulturelle Welt des ausklingenden Mittelalters durchschüttelte und so als erster die Neuzeit in Bayern beginnen ließ. Auf einer Italienreise 1536 hatte sich Ludwig so sehr begeistert für die dort bereits weit entwickelte Renaissance, dass er sie an die (niederbayerische) Isar holte. Seine Landshuter Stadtresidenz wurde zum ersten Renaissance-Palast nördlich der Alpen – ein Raumkunstwerk, dessen Wiederentdeckung überfällig ist.
Einige Millionen Euro wurden vom Freistaat in Renovierung und Ausstellung gesteckt, nun ist der einstige Herrschaftssitz zwischen Altstadt und Isar erstmals seit Ludwigs Zeiten insgesamt für die Öffentlichkeit zugänglich. 200 Kunstwerke der Landshuter Hofkunst werden gezeigt, von denen viele nur für die vier Ausstellungs-Monate aus Sammlungen in ganz Europa an den Ort ihrer Entstehung zurückkehren. Eigentlich unglaublich, dass die prächtigen Deckenfresken jetzt erst richtig ausgeleuchtet und erlebbar sind – doch die Haustechnik war bislang zum Teil noch original aus Ludwigs Zeiten.
Eine Sensation ist vor allem die Zusammenführung von 35 Holztafelgemälden, die eigentlich viel zu empfindlich sind, um noch ausgeliehen zu werden – doch wegen der Einzigartigkeit der Landshuter Renaissance-Schau machten ihre Besitzer Ausnahmen. Es wird ein großer Sommer für Landshut-Besucher: die Landshuter Hochzeit (27.6. – 19.7.) für die Gaudi, die Stadtresidenz für die Kunst.
Michael Grill
Ab Donnerstag bis 27. 9. täglich von 9 bis 18 Uhr, Altstadt 79 in Landshut. Eintritt 6/4 Euro; Infos über Tel. 0871/25142 oder www.ausstellung-landshut.de