Rolando Villazóns pausbäckige Selbstverbrennung

Die Stimmkrise bleibt: Rolando Villazóns lateinamerikanisches Album „Mexiko!“
von  Abendzeitung

Die Stimmkrise bleibt: Rolando Villazóns lateinamerikanisches Album „Mexiko!“

Zwei der drei „Liebestrank“-Vorstellungen im Münchner Nationaltheater musste er im Juli absagen. Der Bayerische Rundfunk nahm vergangene Woche eine Aufzeichnung seines desolaten Salzburger Liederabends aus dem Programm. Die Wiener Staatsoper entband den Tenor „in beiderseitigem Einvernehmen“ von seinen für Anfang September anberaumten Puccini-Verpflichtungen.

Vielleicht berappelt sich Rolando Villazón wieder. Aber selbst unverbesserliche Optimisten geben langsam die Hoffnung auf, weil der Tenor in Interviews tut, als habe es keine Stimmkrise gegeben. „Was ich durchgemacht habe, war genetisch bedingt“, sagt er, „das hatte nichts mit meinem Repertoire zu tun oder der Art, wie ich singe.“ Also gebe es keinen Grund, daran etwas zu ändern.

Na denn! Allerdings bleibt auch auf dem neuen Album „Mexico!“ die Malaise unüberhörbar. Wenn er das zweite Lied temperamentvoll schmettert und einen Hochton ewig aushält, wirkt es leider nicht souverän und männlich, sondern eher angestrengt. Diese Lieder sollte man aber nicht singen, um Mitleid zu erregen.

Caetano Veloso ist einfach besser

Alle Tenöre seit Caruso haben ähnliche Schmonzetten aufgenommen. Kein Grund also, hochkulturell die Stirn zu runzeln. Nur: Der Brasilianer Caetano Veloso gurrt im Soundtrack von Pedro Almodóvars Film „Sprich mit ihr“ das Lied „Cucurrucucú Paloma“ mit Kopfstimme, Dackelblick und dem Farbenreichtum wie ein Fischer-Dieskau des Pop. Villazón macht eine pausbäckige Opernarie draus, der Velosos schwebend schillernde Zweideutigkeit völlig abgeht.

Immerhin: Die knackigen Arrangements sind gut und ertränken die lateinamerikanischen Schlager nicht in einer dicken Hollywoodsoße. Im Herbst geht Villazón mit dem Programm auf Deutschlandtour. Sie soll trotz der Absagen wie geplant stattfinden. Gewiss kann der Temperamentsbolzen auch ohne das Prestige seiner Opernauftritte noch eine Weile als Entertainer überwintern. Aber es bleibt ewig schade um diese verantwortungslose Selbstverbrennung dieser schönsten Tenorstimme seit Plácido Domingo.

Robert Braunmüller

Die CD „Mexico!“ bei der Deutschen Grammophon. Karten für das Konzert am 15. November im Gasteig unter Tel. 93 60 93

Der Trailer zur CD

Caetano Veloso singt "Cucurrucucú Paloma"

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.