Rolando Villazón im Prinzregentheater

Man muss ihn einfach mögen. Rolando Villazón ist ziemlich genervt von einer filmenden Dame, die ihn mit ihrem Smartphonelämpchen blendet und auf sein Fuchteln nicht reagiert. Statt - wie ein bekannter Pianist - herumzumaulen oder gekränkt die Bühne zu verlassen, reagiert er als Profi: Er versteckt seine Verärgerung hinter einem Witz über die lästigen Moskitos im Prinzregententheater. Und bei der nächsten Zugabe wirft er speziell dieser Dame alle Kusshände zu, die er in seinem Repertoire hat.
Gesungen hat Villazón übrigens auch, und nicht mal schlecht. Vorsichtshalber meidet er Arien, die eine sichere, leuchtende Höhe erfordern würden. Dass der Mexikaner sein bronzenes Timbre mit Spinto-Rollen viel zu früh überfordert hat, bleibt unüberhörbar, wenn er bei schluchzenden Zarzulea-Arien am Ende des Abends so schonungslos aufdreht wie früher.
Eine der immer noch sehr schönen Mittellage schmeichelnde Arie aus Georg Friedrich Händels "Tamerlano" eröffnete den Abend. In Mozarts allererster Arie "Ciel e terra" (KV 21) wurden Grenzen bei der Koloraturtauglichkeit hörbar. Eine Arie aus Joseph Haydns "L'anima del filosofo" gelang ebenso ansprechend wie die keine Extreme verlangende Romanze "L'esule" von Giuseppe Verdi.
Ein Grauschleier auf der Stimme
Nach der Pause war Villazón weniger vorsichtig. Er begann mit der Klein-Zack-Ballade aus "Hoffmanns Erzählungen" von Jacques Offenbach, die zu einem stimmigen Miniatur-Porträt der Figur wurde. In den auftrumpfenden Zarzuela-Arien überspielte der 52-Jährige die Schrammen auf der Stimme durch viel Ausdruck. Aber die viel zu frühen Auftritte als Don José und ähnlich fordernden Partien haben ihre Spuren hinterlassen: Auf der eng gewordenen Stimme liegt ein Grauschleier, der sich nicht mehr entfernen lässt.
Die Münchner Symphoniker begleiteten mehr als solide: Vor allem beim schönen, runden Streicherklang wurde deutlich, wie positiv sich dieses Orchester weiterentwickelt hat. Der Dirigent Guerassim Voronkov scheiterte ehrenvoll an einer Konzertouvertüre von Luigi Cherubini, der Rest - einschließlich der "Fledermaus"-Ouvertüre verband die Nummern einigermaßen stimmig.
Nicht abgestürzt
Um Villazón braucht man sich eigentlich keine Sorgen zu machen: Er ist künstlerischer Leiter der Stiftung Mozarteum und der Salzburger Mozartwoche, er singt Charakterrollen wie den Loge im "Rheingold" in Berlin, er inszeniert, schreibt Bücher und ist ein gut gelaunter Musikvermittler. Noch wichtiger: Er ist trotz seiner Krisen nicht abgestürzt. Dass er sich den Spaß solcher Konzerte gönnt, schadet seinem Ruf nicht. Trotzdem bleibt es ewig schade, dass die schönste Tenorstimme der Nullerjahre in den großen Partien so früh verstummt ist.
Ach ja, und ein Knopf an Villazóns Mozart-Weste ist auch noch abgeplatzt. Am liebsten hätte ihn die zahlreich anwesende Weiblichkeit wohl sofort angenäht.