Robinsons Untergang
Enno Poppe komponierte die Musik für „Arbeit Nahrung Wohnung“, die erste Uraufführung zum Auftakt der 11. Münchener Musiktheater-Biennale.
Robinson Crusoe ist eine mythologische Figur des Frühkapitalismus’“, sagt Enno Poppe. „Er strandet und beginnt als guter Puritaner sofort zu arbeiten. Seine Landwirtschaft könnte 300 Menschen ernähren, obwohl nur Robinson und Freitag auf der Insel leben. Diese sinnlose Zwanghaftigkeit möchte ich auf der Bühne sehen.“
Zu diesem Zweck verbündete sich der 1969 im Sauerland geborene Komponist mit einer Spezialistin für in sich kreisende Alltags-Absurditäten. Für Regie und Bühnenbild von „Arbeit NahrungWohnung“ gewann die Biennale Anna Viebrock, die langjährige Bühnenbildnerin von Christoph Marthaler, dessen musikalische Abende Poppe sehr schätzt: „Inspirierender als das meiste zeitgenössische Musiktheater“.
Der ideale Opernstoff
Daniel Defoes 1719 erschienener Roman hält Poppe für einen idealen Opernstoff: „Elementare Situationen eignen sich besser als komplizierte Geschichten. Jeder kennt die Figur. Sie ist sehr klar.“ In der Titelrolle steht mit Graham H. Valentine ein weiterer Weggefährte Marthalers auf der Bühne. „Er ist Schotte wie Robinson. Außerdem gehört er wie Daniel Defoe der presbyterianischen Kirche an.“
Ungewöhnlich ist die Besetzung des Orchesters mit vier Schlagzeugern und vier Synthesizern. „Ich hatte ursprünglich die Fantasie eineswegrationalisierten Opernorchesters“, erklärt Poppe. „Die Instrumente sollten simuliert werden wie in einem billigen Film. Aber das klang zu eklig, und so bin ich wieder davon abgekommen. Der Sound ähnelt nun einer nostalgischen Hammondorgel, die allerdings mikrotonal programmiert wurde.“
Poppe suchte etwa anderthalb Jahre nach dem Stoff und arbeitete ab Januar 2007 in enger Zusammenarbeit mit dem Textautor Marcel Beyer und Anna Viebrock an der Partitur: „Ich wollte nicht einfach die fertige Musik einem Regisseur hinklatschen und mich hinterher über die Inszenierung ärgern.“
Besserer Stundenlohn
Die Frage nach der Arbeit ist damit beantwortet. Und wie steht es mit der Nahrung? „Ich kann von meiner Musik leben“, sagt Poppe. „Beim Dirigieren ist der Stundenlohn allerdings erheblich besser.“ In seiner Wohnung hört Poppe am liebsten außereuropäische Musik, Klänge der Renaissance und Stücke der Kollegen: „Neue Musik hat viel mit Forschung zu tun. Es ist wichtig, sich zu vernetzen und die Ergebnisse anderer wahrzunehmen.“
Vor ein paar Tagen schaute Poppe noch einmal in Defoes Roman und sah, dass Robinsons Schiff mit 14 Mann Besatzung unterging. Genauso viele Mitwirkende hat die Oper, die „Bühnenmusik für 14 Herren“ überschrieben ist.
RBR
Die Uraufführung morgen, 20 Uhr, in der Muffathalle ist ausverkauft. Für 19. und 20. April sowie 4. Mai sind noch Kartenerhältlich