Ringelpiez mit Anfassen
Timing ist alles: Die Verfilmung von Heinz Strunks Roman „Fleisch ist mein Gemüse“: Andreas Schmidt überzeugt als peinlich berührende Stimmungskanone. Ansonsten enttäuscht der Film
Allein die Tapete verströmt leises Grauen, in ihren Mustern liegt die ganze geordnete Tristesse einer Vorortexistenz in den 1980ern. Kein Wunder, dass Heinz Strunk hier raus will. Das Angebot der Tanzkappelle „Tiffany's“ verspricht Wochenend-Fluchten, weg von der psychisch kranken Mutter, weg aus Hamburg-Harburg, ab in die Welt, die dann doch nur die Provinz ist. Auch hier atmet die Optik den Geist alter Tage, in den Tanzsälen und Kneipen hat das Design des Kleinbürgers den Einbruch der eleganten Moderne spurlos überstanden.
Eine holprige Revue des Versagens.
Das Ewiggestrige macht das Vergnügen aus von „Fleisch ist mein Gemüse“, gedreht wurde in Moorwerder, Maschen und Stelle. Hier sollen die Musiker Dampf machen, Bandleader Gurki ist der Garant für blöde Sprüche. Andreas Schmidt macht das prima als peinlich berührende Stimmungskanone. Ansonsten enttäuscht die Verfilmung von Heinz Strunks autobiografisch gefärbtem Roman. Regisseur und Autor Christian Görlitz findet zwischen Tragik, Komik und Trash keinen Tonfall, inszeniert eine holprige Revue des Versagens. Er habe ein Talent für falsche Momente, meint Strunk, von Maxim Mehmet zurückhaltend gespielt, und das gilt auch für diesen Film. Bei den Frauen mag auch den Muckern das Timing fehlen, den Schlager haben sie dufte drauf.
Michael Stadler
Kino: Atelier, Mathäser, Münchner Freiheit
R und B: Christian Görlitz, K: Andreas Höfer (D, 101 Min.)