Rihanna in München: Lautstarke Verführerin
Rihanna hat über 30 Millionen Alben verkauft, wurde zur „Sexiest Woman Alive“ gekürt und gilt als neuer Pop-Superstar. In der ausverkauften Olympiahalle startete sie ihre Deutschlandtournee.
München - Die junge Frau hat keine Chance. Vor über zehntausend Zuschauern und einem Handy-Lichtermeer ist sie ihrem Lack-und-Leder-Gebieter ausgeliefert. Und der kennt keine Gnade, tanzt sie aufreizend an, wirft sich auf sie, bewegt rhythmisch das Becken, lässt sich betatschen. Langsam versinkt ihr rundes Liebesnest im Bühnenboden, bis niemand mehr zu sehen ist.
Einsam steht ein Rocker am Podest und nimmt den unkeuschen Liebesfaden mit seiner heulenden E-Gitarre auf. Eine schwüle Erotikeinlage mit Überraschungseffekt. Denn der Gebieter ist eine Frau, Rihanna, die angeblich heißeste Pop-Versuchung, seit Britney Spears keine Schlagzeilen mehr liefert. Die 23-Jährige eröffnet in der ausverkauften Olympiahalle ihre Deutschlandtour – mit einem 100-minütigen Set, dass sie so seit Monaten fast haargenau auf der ganzen Welt präsentiert.
„Loud" ist das Motto ihrer Show, und dem wird die Frau aus Barbados nicht nur im Bühnenbild mit vier beweglichen Videoscreen-Lautsprechern gerecht. Laut ist alles an diesem Abend: der dumpfe, undifferenzierte Sound, die rabiat auf Spektakel angelegte Show und das forsche Auftreten der erfolgsverwöhnten Sängerin. Ihre männliche Seite spielt Rihanna nicht nur als sich ständig in den Schritt fassende Rampensau-Domina aus, auch malträtiert die knapp Bekleidete mit wenig Rhythmus-Gefühl ein Schlagzeug oder lässt sich im Camouflage-Gewand auf einem rosa Panzer hereinfahren.
Doch sinnlich-sexy will Rihanna natürlich auch sein. Neben dem verführerisch-verruchten Blick, den mal hautengen Hotpants oder dem silbern glitzernden Paillettenkleid, sind es vor allem ihre Bewegungen, die dem Titel „Sexiest Woman Alive“ neue Nahrung verleihen sollen. Aber Rihanna verfügt nicht über die Akrobatik einer Pink oder den Hüftschwung einer Shakira. Auf ihren gefährlich hohen Absätzen läuft sie eher vorsichtig-geschmeidig über den Bühnen-Catwalk.
Rihannas Erotik-Geheimnis steckt in einer teuflisch-zarten Beckenbewegung, die sie immer wieder geschickt in ihre konfektionierten musikalischen Darbietungen einfließen lässt. Bei denen zeigt sich Rihanna als routinierte Entertainerin, die besonders in den mit Kunstnebel und fliegendem Klavier pathetisch aufgeladenen Balladen wie „Love The Way You Lie“ die Fans begeistert. Bei den schnelleren Nummern („Don’t Stop The Music“) will es mit der Euphoriewelle nicht so recht klappen, was allerdings auch am alles zermalmenden Lärmteppich liegt. Wie man am Ende richtig fetzigen Discosound erzeugt, das macht Rihanna der mögliche David Guetta-Nachfolger Calvin Harris vor. Doch der war eigentlich nur als Vorgruppe gebucht.
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