Retro-Torte für alle
Man kann schon von einem Phänomen sprechen, wenn eine Künstlerin mit ihrem Debüt- Album nicht nur die Charts auf Dauer erklimmt, sondern auch für volles Haus bei ihrem ersten München-Konzert sorgt – für einen Eintrittspreis von satten 44,90 Euro. Caro Emerald zieht dabei eine ansehnliche Bandbreite an Zuhörern ins Kesselhaus, Teenager sieht man kaum, dafür dreißigjährige und weit ältere Pärchen, harte Jungs mit Bandana um die Stirn, Frauen mit Blume im Haar, von Kopf bis Fuß auf Retro eingestellt.
Der Vintage-Sound der Holländerin hält mitreißend die Balance zwischen Swing und Elektronik, wobei beim Konzert der eine Soundtüftler unter der achtköpfigen Begleitband mehr Raum für das Scratchen und fiepsende Einlagen bekommt, als man es auf „Deleted Scenes from the Cutting Room Floor” hören kann. Dabei geht es doch vornehmlich um diese Sehnsucht nach dem Stil der 40er und 50er, den Emerald musikalisch bedient. Ihr Look – schwarzes Pettycoat-Kleid, darüber ein lila Bolero-Jäckchen – verströmt sauberen Glamour, ihre Ansagen sind jedoch belanglos. Die Aura von Stars wie Ella Fitzgerald, die sie in ihrer Musik zitiert, hat sie noch nicht gefunden. Dafür haben die Nummern auch live dank des Grooves südamerikanischer Rhythmen und verstärktem Bläser-Einsatz den richtigen Drive.
Bei „Back it up” kann Emerald ihre Fans zum Mitsingen animieren, ihre Songs bewegen sich in Tiefen und Höhen, die ihrer ausgebildete Stimme keine Steine in den Weg legen. Einige eher uninspirierte Instrumental-Soli, ein paar neue Nummern – so dehnt sie das Konzert auf eineinhalb Stunden aus. Und mit dem Bossa Nova „Close to me” beweist sie, dass auch Easy Listening für sie ein Klacks ist. Aber es fehlt doch ein Abgrund, eine raffinierte oder gewagte Pose, eine Jazz-Kante, die dieses Konzert mehr als nur nett machen könnte.
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