Reisende in Sachen Liebe

Raffiniert und ein bisschen spießig zugleich:Das neue Album „Gute Reise“ des deutschenPop-Duos Ich + Ich alias Annette Humpe und Adel Tawil trifft genau den Ton der Zeit
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Raffiniert und ein bisschen spießig zugleich:Das neue Album „Gute Reise“ des deutschenPop-Duos Ich + Ich alias Annette Humpe und Adel Tawil trifft genau den Ton der Zeit

Das relativ neue Genre „deutsches Pop-Duo aus Berliner Altbauwohnungen“ dürfte weiter im Trend liegen: Viereinhalb Jahre nach ihrem Debüt und zwei Jahre nach dem Chartserfolg mit „Vom selben Stern“ präsentieren Ich + Ich das neue Album „Gute Reise“. Musikalisch überwiegend leicht und poppig, textlich euphorisch bis schwermütig ausgerichtet, dürfte es genau den Ton der Zeit treffen.

Ich + Ich sind die Produzentin und Sängerin Annette Humpe sowie der Sänger Adel Tawil, wobei er meist das Micro in der Hand hat und sie im Hintergrund agiert. Annette ist die große Schwester von Inga, der Sängerin vom anderen großen Erfolgs-Pop-Duo 2Raumwohnung.

Schmacht und Leid

„Gute Reise“ zeigt einmal mehr, dass Annette zwar schlechter singt als Inga, dafür aber schon seit den Tagen ihrer NDW-Ikone Ideal die musikalisch bedeutsameren Dinge vollbringt. Das Album dreht sich überwiegend um Beziehungs-Themen, ständig wird geschmachtet und gelitten, dann wird sich entschuldigt und die Reise geht weiter – wie im richtigen Leben.

Der Auftakt-Song „Pflaster“ geht hitmäßig ab wie einst „Vom selben Stern“, das raffinierteste Stück, „Einer von zweien“, handelt vom ewigen Drama der großen, aber letztlich doch vergeblichen Liebe.

Keine Angst vorm Schlager

Alles ist leicht und luftig arrangiert, es gibt keine Scheu, die Grenze zum Schlager zu überschreiten. Die Reisenden im Liebes-Universum machen vor nichts Halt: „Du kannst zu den Sternen fliegen / Am Orion vorbei / Im Marianengraben tauchen / fühl dich frei / Das Universum dehnt sich aus“ (aus „Universum“).

So fliegt man dahin, bis die Liebe das Herz wieder schwer und bitter macht und das putzige Klagelied des Beziehungskämpfers erschallt: „Es tut mir leid / dass sich alles so verschiebt / obwohl ich dich am meisten lieb / tu ich dir am meisten weh.“

Biederkeit

Zweimal singt Annette Humpe selbst, sofort ändert sich der Ton: „Die Lebenden und die Toten“ befinden sich irgendwo zwischen Greenpeace-Appell und Fronleichnahmsklage. Und „Danke“ ist Humpes Fassung einer „Fanfare To The Common Man“, einer Hymne an die „kleinen Leute“. Nur schade, dass ihr Lob der Müllmänner und Krankenschwestern so bieder wirkt, als hätte es Humpes Ideal nie gegeben.

Sänger Tawil meint dazu: „Wir sind nie als Jugendkultur-Ding angetreten, das schwer progressiv und Avantgarde sein will. Wir waren und sind Pop.“ Und in dieser Definition leider etwas spießig.

Michael Gril

„Gute Reise“ (Universal). Konzert am 28. 4. in der Olympiahalle (Vorverkauf ab Montag; Tickets: Tel. 54 818181)

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