Reif tänzelt wie Messi
Es war ein fernsehfußballerischer Selbstversuch: Links auf dem Flat das Champions-League-Finale auf Premiere, rechts auf dem PC dasselbe Spiel bei Sat.1 und zwischendurch noch die Livetweets zu Barca bei Twitter Dabei ist das Endspiel im Multimediastudio schneller entschieden als das Finale in Rom.
Bei Premiere gibt’s Marcel Reif am Mikro, sowie Franz Beckenbauer („Der Ball ist noch rund, aber längst kein Leder mehr, eher aus Carbon, Goldstaub aus dem Weltall“) und Ottmar Hitzfeld („Alex Ferguson lebt den Fußball – mich wundert, dass er noch nicht geschieden ist“) als Experten – und bei Sat.1 einen gewissen Kai Dittmann am Mikro, dazu Expertentipps für Shampoo, Schnellimbiss und Sparkassenanlage.
Während beim Bezahlsender das Spiel des Jahres vor-, zwischen- und nachbereitet wird, läuft beim Ich-drück-Dich-Werbesender eine gefühlte Halbzeit lang die Produktempfehlungspalette. Doch das allein ist es nicht, was Sat.1 gegen Premiere aussehen lässt wie die Bayern neulich gegen Barca. Es ist endlich wieder Marcel Reif, der auf dem römischen Gipfel anders als gegenüber dem Fröttmaninger Müllberg keine Fans beschimpft („Du säufst zu viel!“), sondern wie Messi durchs Finale stolziert, mal tänzelt, mal trickst, im richtigen Moment schreit, am Ende sogar schwelgt: „Wir verneigen uns vor Barcelona.“
Und als bei Premiere endlich Barcas Champions- Coach Guardiola das erste Interview gibt, läuft auf dem Schirm daneben längst „24 Stunden: Jana Bach – mein Leben als Pornostar.“ Sat.1 geht ran - noch Fragen?
Ach ja, auf drei Kanälen Fußball zu schauen, hat der Verwirrung geschuldete Nebenwirkungen: In der Pause hab ich die dreckigen Teller in den Kühlschrank und das Bier in die Spielmaschine geräumt.
Gunnar Jans