Regisseur Carlo Rola: „Iris Berben hat mich für die Hüftpolster gehasst“

Das ZDFzeigt den Dreiteiler "Krupp - Eine deutsche Familie". Regisseur Carlo Rola ("Die Patriarchin", "Afrika, mon amour") über Besetzungsfragen, Rechercheaufwand und das System Krupp
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Das ZDFzeigt den Dreiteiler "Krupp - Eine deutsche Familie". Regisseur Carlo Rola ("Die Patriarchin", "Afrika, mon amour") über Besetzungsfragen, Rechercheaufwand und das System Krupp

AZ: Herr Rola, seit mehr als 20 Jahren gibt es Pläne, die Geschichte der Krupps zu verfilmen. Warum hat’s so lange gedauert?

CARLO ROLA: Da spielt sicher auch die Angst vor einstweiligen Verfügungen von Seiten der Familie mit eine Rolle.

Die Angst hatten Sie nicht?

Natürlich haben wir frühzeitig Kontakt mit den Mitgliedern der Familie aufgenommen, um zu vermeiden, dass es jemand die Persönlichkeitsrechte seiner Vorfahren verletzt sieht. Außerdem hatte ich das Glück, den ältesten direkten Nachkommen der Krupps, Arnold von Bohlen und Halbach, persönlich kennenzulernen. In unseren Gesprächen hat sich schnell herauskristallisiert, dass wir für die Familie einen gangbaren Weg finden werden. Wir konzentrieren uns auf zwei, drei Kernfiguren und erzählen ihre private Geschichte.

"Moralisch takten wir das nicht ein"

Die Beziehung Alfred Krupps zu seiner Mutter Bertha steht klar im Vordergrund. Sind die privaten Details, die Sie erzählen, auch tatsächlich verbürgt?

Ja, insofern, dass es Erinnerungen von Menschen aus der Umgebung der Charaktere sind. Daneben haben wir auch viele Zeitzeugen interviewt, beispielsweise den 97-jährigen Trauzeugen von Alfred.

Aber dennoch muss gerade im privaten Bereich doch auch viel interpretiert, spekuliert werden, oder?

Wir haben in einer mühseligen Arbeit die Charaktere aufgefüllt, dazu auch alte Filmaufnahmen und Zitate genutzt. Aber natürlich, man interpretiert Handlungen, persönliche Gespräche und vor allem Gedanken immer. Beschreibt ein Historiker den Fall der Berliner Mauer, werden Sie sofort wissen, ob er aus dem Osten oder aus dem Westen stammt. Seine Beschreibung aber ist deshalb nicht weniger ehrlich.

Bei der Familie Krupp sind die Historiker weit davon entfernt, sich in ihrer Bewertung einig zu sein. Muss man sich als Filmemacher nicht für eine Wahrheit entscheiden?

Absolut. Wir zeigen, wie die Figuren gelebt haben, interpretieren da auch. Bei der Frage aber, wie das moralisch einzutakten ist, hört unsere Interpretation auf. Die kann der Zuschauer selbst vornehmen. Wir wollen zeigen, woher das radikale und harte Denken kommt. Dass bei den Krupps vor der Familie die Firma steht und das für jeden und immer gilt. Heute steht bei Managern doch nur noch ein Wort ganz vorne: Ich. Ich alleine.

War von Anfang an klar, dass Sie die Geschichte anhand der Familienkonstellation erzählen wollen?

Ich habe schon einige andere Ansätze gesehen, in Hörspielen beispielsweise, aber auch anderen Drehbüchern. Für mich haben die alle nicht funktioniert, weil sie die Geschichte nicht in den Griff bekommen haben. Wir haben den Abend genommen, an dem Bertha Krupp über ihr Leben und ihre Familie reflektiert, bevor sie stirbt. Auf diese Weise konnten wir nicht nur die hundert Jahre fassen, sondern auch die notwendigen Charaktere zu Wort kommen lassen, damit man das System Krupp verstehen lernt.

Nach welchen Kriterien wurden die Rollen besetzt?

Die Maßgabe war, die zu bekommen, die das, was die Figuren ausgemacht, am besten rüberbringen können. So ein Projekt ist kein Ähnlichkeits-Contest. Es stört mich, wenn man sich über die Äußerlichkeit hinaus gar nicht mehr der Geschichte widmet. Dennoch, sowohl bei Benjamin Sadler als auch bei Iris Berben ist eine äußerliche Ähnlichkeit da - Iris allerdings hat mich dafür gehasst, dass sie Hüftpolster tragen musste, damit sie fülliger aussieht.

Ein angenommener Heiratsantrag

Sie haben schon unzählige Male mit Oliver und Iris Berben gearbeitet. Gehören Sie mittlerweile zur Familie?

Es gibt nicht viele Leute, mit denen man eine solch heftige Produktion stemmen kann. Da arbeitet man fast elf Monate lang mit einer enormen Geschwindigkeit. Und auch wenn Iris Berben im Vordergrund steht, sind wir ein ganzes Ensemble - Fritz Karl gehört dazu, aber auch Heino Ferch - das sich immer wieder trifft, um Geschichten zu erzählen. So monolithisch wie es nach außen scheinen mag, ist die Sache wirklich nicht.

In der Pressemappe heißt es, Sie hätten elf Kilo während des Drehs zugenommen. Wie kommt das?

Wir hatten einen bayerischen Koch, der uns super und im Übermaß verpflegt hat. Und was macht man in den vielen Wartezeiten, in denen umgebaut wird oder der Schauspieler in der Maske sitzt? Man isst.

Oder stellt erfolgreich einen Heiratsantrag an seine Freundin Dennenesch Zoudé.

Ja, und wenn man einen Beruf mit meinen Arbeitszeiten hat, ist man froh, wenn man auch genommen wird.

Interview: Angelika Kahl

"Krupp - Eine deutsche Familie" zeigt das ZDF Sonntag, Montag, Mittwoch, 22., 23., und 25. März, jeweils 20.15 Uhr

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