Raffael zum Anfassen

„Künstler zeichnen – Sammler stiften“: Zum 250. Geburtstag der Graphischen Sammlung. Direktor Michael hält es für angebracht, diesmal Sammler und Mäzene in den Mittelpunkt zu stellen.
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„Künstler zeichnen – Sammler stiften“: Zum 250. Geburtstag der Graphischen Sammlung. Direktor Michael hält es für angebracht, diesmal Sammler und Mäzene in den Mittelpunkt zu stellen.

Der göttliche Michelangelo – hier gibt es seine Kunst zum Anfassen: Mit der Federzeichnung des Heiligen Petrus von 1492 nach Masaccio verneigte sich das Genie des Frühbarocks vor dem Florentiner „Erfinder“ der Zentralperspektive. Diese Zeichnung von unschätzbarem Wert ist einer der vielen Schätze der Staatlichen Graphischen Sammlung in München; dort kann man sie per Inventarnummer bestellen und im Studiensaal selbst vorsichtig in die Hand nehmen. Das Blatt ist jetzt auch in der großen Jubiläumsschau zum 250. Geburtstag der Graphischen Sammlung in der Pinakothek der Moderne zu sehen.

Weil die öffentlichen Mittel für Ankäufe inzwischen kaum noch der Rede wert sind und man umso mehr auf das Engagement privater Gönner angewiesen ist, hält es Direktor Michael Semff für dem Anlass gebührend, diesmal Sammler und Mäzene in den Mittelpunkt zu stellen, die die weltberühmte Kollektion zu dem gemacht haben, was sie heute ist. So sind die Exponate in den mit barock geschwungenen Wänden ausgestatteten Graphik-Sälen nach Sammlerkonvoluten gehängt.

Keimzelle war einst die Gründung eines Kabinetts für Handzeichnung und Kupferstich durch den Wittelsbacher-Kurfürsten Carl Theodor von der Pfalz in Mannheim 1758. Nach dem Tode des Bayern-Herrschers Max III. Joseph 1777 verlegte Carl Theodor seine Residenz nach München und brachte seine Schätze 1793/94 vor den französischen Revolutionstruppen hierher in Sicherheit. Damit war der Grundstock der Graphischen Sammlung gelegt, die seitdem zu einer Kollektion mit über 400000 Blättern gewachsen ist.

Von kostbarsten Miniaturen aus dem 12. Jahrhundert über zwei ungewöhnlich genaue frühe Landschaftsansichten des 15. Jahrhunderts, zu Mantegnas „Tanzender Muse“, Raffaels „Merkur und Psyche“ und Rembrandts „Hundertguldenblatt“ mit Jesus Christus, der die Kranken heilt (gestiftet von der Max-Kade-Foundation); von Marcs „Botschaften an den Prinzen Yussuf“ (aus der Schenkung des Ehepaars Fohn, 1964) über de Chiricos „Manichino“ bis zu Polkes „Kartoffelköpfen“ Nixon und Chrustschow bietet die Schau einen Überblick über den Bestand und wunderbare Kunst aus neun Jahrhunderten.

Alle Blätter sind mit den Namen ihrer Sammler verbunden: Von Ludwig I. kamen Dillis’ Rom-Ansichten, von Ludwig II. Feuerbachs „Reitende Amazonen“, die Rötelzeichnungen von Marées verdankt man dem Münchner Kaufmann Hugo Reisinger. Die wichtigsten Unterstützer im 20. Jahrhundert sind der Freundeskreis sowie PIN.-Verein. 320 Blätter (Penck, Polke, Palermo) stellt Herzog Franz von Bayern als Dauerleihgabe zur Verfügung. Da ist das Vermächtnis von Theodor und Woty Werner (1972, u.a. Cézanne), und Zeitgenössisches kam aus dem Nachlass des Münchner Anwalts Bernd Mittelsten Scheid 1995.

Mit seiner Mitgliedschaft im Quartett der Künste in der Pinakothek ist Semff hochzufrieden, weil sich viele Besucher („auch junges Publikum“) von der Neugier in die Graphik-Kabinette treiben lassen. Nur sein Geburtstagswunsch bleibt erstmal unerfüllt: die Errichtung des Neubaus der Gabelsbergerstraße. Damit Depots, Archive und Studiensaal, weiterhin im ehemaligen NS-Bau an der Meiserstraße untergebracht, endlich näher an den Ausstellungsräumen liegen. Vielleicht klappt’s ja zum Dreihundertsten.

Roberta De Righi

Pinakothek der Moderne, bis 29. Juni, Di – So 10 bis 18, Do bis 20 Uhr (dreibändige Festschrift bei Hatje Cantz, 139 Euro)

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