"Provinztheater": Wieder Ärger beim Heine-Preis
Schon wieder gibt es Ärger um den renommierten Düsseldorfer Heine-Preis. Es ist ein hausgemachter Ärger, verursacht durch einen Streit im Düsseldorfer Stadtrat, der sich in einer Satzungsänderung verheddert hat und damit einen beträchtlichen Flurschaden verursachte.
Düsseldorf - "Provinztheater" nennt es der schwergewichtige österreichische Schauspieler, Filmregisseur und Autor Peter Kern. Der 63-jährige exzentrische Wiener steht im Zentrum des Sturms um den Preis zu Ehren des in Düsseldorf geborenen Spott-Dichters Heinrich Heine (1797-1856).
Dass sich der Zwist wieder an einem Österreicher entzündete, ist dabei purer Zufall. 2006 ging um den österreichischen Schriftsteller Peter Handke. Die Jury wollte ihm den mit 50 000 Euro dotierten Preis zuerkennen. Handkes Pro-Serbienhaltung im Jugoslawienkrieg löste aber im Rat einen skandalträchtigen Konflikt aus, so dass Handke schließlich auf den Preis verzichtete.
Diesmal geht es nicht um den Preisträger, sondern lediglich um ein potenzielles Jury-Mitglied. Eine verzwickte Geschichte: Ursprünglich wollte die Linke im Stadtrat durch eine Satzungsänderung verhindern, dass die als rechtslastig angesehenen Freien Wähler ein Jurymitglied nominieren dürfen. Die CDU/FDP-Mehrheit im Rat ließ den Antrag aber abblitzen.
Darauf kündigten die Freien Wähler an, ihren einst aus der Neonaziszene ausgestiegenen Fraktionsgeschäftsführer Torsten Lemmer in die Jury zu entsenden. Dies stieß auf einen Proteststurm. Lemmer verzichtete und wollte den schwergewichtigen Peter Kern nominieren. "Ohne Peter hätte ich den Ausstieg aus der Szene nie geschafft", sagt Lemmer. Die beiden waren sich bei der umstrittenen "Hamlet"- Inszenierung von Christoph Schlingensief 2001 in Zürich begegnet, bei der aussteigewillige Neonazis mitgewirkt hatten.
Aus CDU-Sicht passt Kern nicht zum Heine-Preis und nicht zur Jury, weil er zu wenig Bezug zu Düsseldorf und zur Literatur hat. Auch Oberbürgermeister Dirk Elbers (CDU) ließ durchblicken, dass er Kern nicht passend fand. Der schillernde Filmemacher und Autor angesehener Zeitungen wird in einer Biografie als "einer der wenigen verbliebenen Widerständler, Polemiker, Nein-Sager" beschrieben. Kern war Wiener Sängerknabe, spielte den Räuber Hotzenplotz, ist schwul, arbeitete mehrere Jahre am Schauspielhaus Düsseldorf, dreht schräge Filme und trat in Rosa von Praunheims Stricher-Doku "Die Jungs vom Bahnhof Zoo" auf.
Zum Showdown im Rat kam es am Donnerstagabend. Nun war es die CDU/FDP, die mit ihrer Mehrheit eine trickreiche Satzungsänderung beschloss, die eine Nominierung Kerns verhindert. Der streitbare Kern lässt das nicht auf sich sitzen. "Die Düsseldorfer Stadtregierung hat mit ihrem Provinztheater nicht Peter Kern, sie hat Heinrich Heine abgewählt", sagt er. "Wer Gesetze so lange ändert, bis sie ihm passen, ist kein Demokrat." Nächsten Donnerstag will Kern in Düsseldorf vor die Presse treten. "Für mich bedeutet das Kampf", sagte er der dpa.
Kern hat eine prominente Mitstreiterin: Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, die 2002 mit dem Heine-Preis geehrt wurde. "Geradezu entsetzt bin ich über die Diktion dieser Leute: "Er passt nicht zur Stadt, er passt nicht zum Preis, er passt nicht in die Jury"...", schrieb sie. "Dein ganzes Leben und dein ganzes Werk beweisen ja deine Gesinnung und deine künstlerische Qualität."
Die nächste Verleihung steht am 13. Dezember, dem 215. Geburtstag des Dichters an. SPD-Ratsfraktionschef Markus Raub sagte: "Dieses ganze Theater hat dem Ruf der Stadt und des Heine-Preises geschadet."