Proteste in München gegen Ausstellung von Nuba-Bildern von Leni Riefenstahl

Kurz nach der Eröffnung der Verkaufsausstellung von Nuba-Bildern wollen Kritiker am Samstag vor der Galerie im Hofgarten protestieren
von  Adrian Prechtel
Leni Riefenstahl bei den Dreharbeiten ihres geplanten Nuba-Films.
Leni Riefenstahl bei den Dreharbeiten ihres geplanten Nuba-Films. © Fotorechte: Holger Roost

Kaum hat die Ausstellung „Leni Riefenstahls Nuba-Fotografien“ in der Münchner Galeriestraße eröffnet, gibt es Gegenwind. Für Samstag, 13. April, 12 Uhr, sind vor den Räumen der Verkaufsausstellung im Münchner Hofgarten Proteste angekündigt. „Ich habe damit gerechnet und ich finde das völlig in Ordnung“, sagt Holger Roost, der für zehn Tage die Galerieräume angemietet hat, um dort Leni Riefenstahls Fotos von ihren Aufenthalten bei den Nuba-Stämmen in den 60ern und frühen 70er-Jahren auszustellen und zu verkaufen – Preis 950 bis 5000 Euro.

Fadumo Korn und Ron Williams bei den Protesten dabei

Nach AZ-Berichten über die Ausstellung formiert sich jetzt aber Protest dagegen – organisiert von der Münchner Aktivistin Fadumo Korn, die auch den Entertainer Ron Williams gewonnen hat, am Samstag, 13. April,  um 12 Uhr in der Galeriestraße 6 a zu protestieren: „Mir geht es gar nicht darum, dass die Bilder nicht gezeigt werden“, sagt Williams der AZ: „Es sind historische Dokumente und zum Teil großartige Bilder. Ich finde aber einfach, dass man in Zeiten von Antisemitismus, Rassismus und AfD-Erfolgen bei so einer Ausstellung Menschen aus Afrika hätte beteiligen müssen. Das hat auch nichts mit ,Cancel Culture’ oder dem Vorwurf der ,kulturellen Aneignung’ zu tun, sondern mit Balance und Anstand. So aber – völlig unkommentiert gezeigt – macht man mit Fotos von schönen nackten schwarzen Menschen einfach nur Geld!“, begründet Williams seine Teilnahme an der Demonstration.

Plakatmotiv der Ausstellung und des Films
Plakatmotiv der Ausstellung und des Films © Fotorechte: Holger Roost

Bilder von Riefenstahls Reisen zwischen 1963 und 1976 

Holger Roost, TV-Produzent von Formaten wie „Popstars“ und „GNTM“, hat 2017 das Erbe der Riefenstahl endgültig abgewickelt und es der Stiftung Preußischer Kulturbesitz übergeben. Behalten hat er aber die kommerziellen Verwertungsrechte an den Bildern der Regisseurin und Fotografin Leni Riefenstahl (1902 – 2003), die in der NS-Zeit regimetreue, bekannte Propagandafilme drehte. Von 1963 bis 1976 hat Riefenstahl immer wieder die Stämme der Nuba im heutigen Südsudan besucht. 

Nun wurde aus dem Material der Film „Sehnsucht nach Unschuld“ geschnitten

Anfangs um einen Spielfilm über modernen Sklavenhandel zu drehen: "Die schwarze Fracht", was finanziell scheiterte. "Entstanden bei der Suche nach Darstellern ist dann das Nuba-Projekt", sagt Roost. "Es sollte ganz klar ein ethnologischer Film werden: die Stämme der Nuba ganz aus sich selbst erklärt, ohne Blick von außen auf sie", meint Holger Roost. Auch dieses Projekt Riefenstahls scheiterte. Nun hat Roost aus dem Material den Film „Sehnsucht nach Unschuld“ geschnitten. Ihm ist es wichtig, dass es sich dabei nicht um den von Riefenstahl selbst geplanten Nuba-Film handelt, sondern dass etwas Neues, durchaus Riefenstahl-Kritisches entstanden sei. „50 Jahre nach Riefenstahls ersten Dreharbeiten im damaligen Sudan kann man auch nicht mehr einfach unbefangen ihren Film rekonstruieren. Ich habe Bilder eingeschnitten, die Riefenstahl selbst beim Dreh zeigen, so dass man einen Eindruck bekommt, wie sie mit ,ihren‘ Nuba umgegangen ist und was sie interessiert hat.“

Rechteinhaber Holger Roost (links) mit dem Galeristen Alexander Gehrke.
Rechteinhaber Holger Roost (links) mit dem Galeristen Alexander Gehrke. © Foto: H. Roost

Der Film wird im Filmmuseum gezeigt

Das Filmmuseum zeigt „Sehnsucht nach Unschuld“ in der so genannten „Open Scene“ am kommenden Donnerstag, 18. April, um 19 Uhr.

 „Natürlich zeigen wir den Film  nicht unkommentiert“, sagt Claudia Engelhardt, die stellvertretende Filmmuseumsleiterin: „Wir stellen ihn zur Diskussion und analysieren ihn zusammen mit dem Filmhistoriker Martin Loiperdinger, der dazu extra zu uns kommt.“  

Bis 30. April kann man sich in der Galeriestraße noch selbst ein Bild machen, ob es sich um ein Kommerzprojekt, um Fotokunst oder wichtige ethnologische Zeugnisse handelt oder ob man diese Werke Riefenstahls aufgrund seiner nazi-verstrickten Autorin in den Giftschrank sperren sollte.

 

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