ProSiebenSat1 will Geld vom Zuschauer
MÜNCHEN - Die schöne Zeit des unbezahlten Privatfernsehens könnte bald vorbei sein. ProSiebenSat1 will künftig von Werbeeinnahmen unabhängig sein - bezahlen soll dann der Zuschauer.
Neben der Diskussion um bezahlte Internet-Inhalte kommt ein neues Thema auf Mediennutzer zu. Auch der hoch verschuldete Fernsehkonzern ProSiebenSat1 will künftig Geld von seinen Zuschauern nehmen, eine «Nutzungsgebühr». «Die Richtung ist für uns klar: Wir müssen vom Werbemarkt unabhängig werden», sagte der Vorstandsvorsitzende Thomas Ebeling dem «Handelsblatt».
Für die Zukunftsfähigkeit des Konzerns sei es enorm wichtig, eine Beziehung zum Endkunden aufzubauen, etwa über Pay-TV und Video-on-Demand. Bis 2014 wollen die Sender laut «Handelsblatt» rund 30 Prozent ihrer Einnahmen außerhalb der Werbung erzielen. Das wäre doppelt so viel wie im Augenblick. Im vergangenen Jahr hatte die Sendergruppe bei einem Umsatz von rund 3,1 Milliarden Euro rund 129 Millionen Euro Verlust gemacht. In Dänemark würde das Bezahlfernsehen bereits erfolgreich funktionieren, so Ebeling. Grundvoraussetzung seien jedoch zugkräftige Sendungen auf die Zuschauer in keinem Fall verzichten wollen.
Künstleragentur und Event-Manager
Zusätzlich will die Sendergruppe neue Geschäftsfelder erschließen und eine eigene Produktionsfirma aufbauen. Daneben will sich die Sendergruppe auch als Künstleragentur und Event-Manager agieren. Ob in Zeiten, in denen immer mehr junge Zuschauer ins Internet abwandern, Bezahlfernsehen die richtige Strategie ist, wird sich zeigen. Zumal auch viele Online-Medien mit Bezahlmodellen liebäugeln.
Eins ist jedoch klar: Zuschauer, die bezahlen, sehen das Fernsehprogramm kritischer. Ob diese dann für Reality-Soaps am Nachmittag bezahlen wollen, ist fraglich. Die neue gegründete senderinterne Produktionsfirma wird sich also anstrengen müssen. Zumal in Deutschland ohnehin jeder Eigentümer eines Fernsehers bereits bezahlt: an die öffentlich-rechtlichen Sender. (nz)