Professionelle Rettung
Vorzeitiger Einstand: Lorin Maazel mit Anton Bruckners Symphonie Nr. 8 im Gasteig
E r weiß, was sich gehört: Den zum Applaus überreichten Blumen entnahm Lorin Maazel nur eine rosarote Rose. Den übrigen Strauß gab er an den Konzertmeister Lorenz Nasturica-Herschcowici weiter. Auch das Dirigenten-Podium betrat er nicht wieder und hielt sich bescheiden im Hintergrund.
Christian Thielemann hatte kurzfristig abgesagt. So kam es zu diesem vorzeitigen Antrittskonzert des jugendlichen Achtzigers, der ab 2012 für drei Jahre die Münchner Philharmoniker leiten wird. Maazel ist ein erfahrener Einspringer: Wer dabei war, wie er 1978 kurzfristig einen Festspiel-„Otello“ im Nationaltheater rettete, bekommt davon noch heute leuchtende Augen.
Ehrlich gesagt: Mit Bruckners Achter gelang ihm keine vergleichbare Sternstunde. Die eineinhalbstündige Monumentalsymphonie müssen sich Hörer wie Musiker jedes Mal hart erkämpfen. Opern-Spontaneität hilf da leider nicht weiter. Erschwerend kommt hinzu: Maazel und die Musiker kennen sich kaum. Bei Bruckner sind sie voll auf Thielemanns Klangvorstellung eingeschworen. Sein designierter Nachfolger hatte nur die Generalprobe am Vormittag des Konzerts zur Verfügung. Mehr als eine mit höchster Professionalität sauber abgewickelte Aufführung war da nicht zu erwarten.
Auf Nummer sicher
Deshalb verbieten sich Vergleiche mit früheren Aufführungen der Achten, die Maazel in seinem Jahrzehnt beim BR-Symphonieorchester oft dirigiert hat. Bruckners Wünsche nach leisen Bläser-Soli verhallten ungehört. Aber das ist normal, wenn alle auf Nummer sicher gehen. Der „Todverkündigung“ des ersten Satzes fehlte die tragische Wucht, weil das konditionsstarke Blech schon vorher kräftig aufgedreht hatte und der leise Schluss viel zu direkt gespielt wurde.
Kurz vor den Beckenschlägen im Adagio gestattete sich Maazel eine persönliche Tempo-Rückung. Da zeigte sich, was möglich wäre und in zwei Jahren (hoffentlich) noch kommt. Höchster Respekt für die Rettung dieses Konzerts und der Gastspiele in Paris und Köln gebühren ihm und den Philharmonikern schon jetzt.
Robert Braunmüller