Polen macht Hurz!

Der beste Witz seit den Leningrad Cowboys: Die Popolski Familie nimmt die komplette Pop- und Rockgeschichte auf die Schippe – und liefert nebenbei noch eine mitreißende Live-Show ab
von  Abendzeitung

Der beste Witz seit den Leningrad Cowboys: Die Popolski Familie nimmt die komplette Pop- und Rockgeschichte auf die Schippe – und liefert nebenbei noch eine mitreißende Live-Show ab

Der Musiker Achim Hagemann saß schon am Klavier, als Hape Kerkeling seine legendäre Parodie auf die zeitgenössische Klassik („Hurz!“) krächzte. Seit gut einem Jahr ist Hagemann im WDR ein Star als Pawel Popolski, der mit seiner Popolski Familie behauptet, die Popmusik erfunden zu haben. Die Popolskis gehen mit diesem Konzept auch auf die Live-Bühne.

AZ: Herr Hagemann, sind Sie es? Oder Herr Popolski?

ACHIM HAGEMANN: Der Herr Popolski ist immer da, wartet auf seinen Einsatz und kippt in der Zwischenzeit den einen oder anderen Wodka.

Mal ernsthaft: Wie lange lebt so ein Witz, so eine Idee?

Ich wette, dass diese Idee noch 20 Jahre trägt. Wir weiten sie gerade aus, durchforsten Kinofilme, Trendsportarten und Biografien von Superstars nach polnischen Wurzeln. Das Feld ist unbegrenzt.

Entweder, Sie bekommen bald Einreiseverbot nach Polen – oder doch eine polnische Verdienstmedaille.

Zu den Auftritten kommen Polen mit Fan-Shirts und Fähnchen. Wir stehen auf deren Seite. Wenn wir sie veräppeln wollten, würden wir keine Musikerfamilie spielen, sondern eine, die Autos umlackiert.

Scherze über Polen können trotzdem gefährlich sein, wenn man an die Reaktion der Kaczynski-Brüder auf die Kartoffel-Witze im Jahr 2006 denkt.

Ich weiß das. Wir setzen darauf, dass wir mit Charme und Ausdauer alle davon überzeugen, dass das eine freundschaftliche Show ist. Es wird auch richtig Polnisch gesprochen auf der Bühne – wir haben im Schweiße unseres Angesichts geübt.

Wie viel Popolski-Vorwissen muss man haben, um die Show zu verstehen?

Null! Am Anfang wird noch dazu in einem kleinen Vorspannfilm alles erklärt.

Ist das eigentlich eher Kabarett oder Konzert?

Es ist eine Musik-Kabarett-Show. Wir spielen alles von Jazz bis Polka, von Salsa bis Crossover und Alternative Rock. Einmal quer durch die Hitgeschichte.

Aber es muss rocken, oder?

Das war von Anfang an unser Anliegen! Wir wollen weg von der dezenten Kabarett-Begleitung am Flügel oder im kleinen Trio. Wir hauen richtig auf die Zwölf.

Es ist Ihr erster richtiger Auftritt in München. Ist den Bayern Ihr Humor fremd?

Sicher nicht, wir bekommen ganz viel Fanpost von Bayern, die uns im WDR anschauen.

Die Einreisebestimmungen nach Bayern sind sogar etwas gelockert worden.

Ja, wirrr habeen extra eine Visum gefälscht, eine 1a-Visum, damit wirrr auch über Grrrrenze kommen!

Sie wurden bekannt als kongenialer Partner von Hape Kerkeling und kennen sich schon von der Grundschule in Recklinghausen. Wie viele Lehrer haben Sie gemeinsam in den Wahnsinn getrieben?

Ehrlich gesagt, waren wir relativ fleißige Schüler. Irgendwann haben wir eine Band gegründet, dann wurde es mit der Schule schwieriger. Aber die Freundschaft mit Hape hält bis zum heutigen Tag.

Nochmal zu den Popolskis: Die sagen ja, westliche Stars hätten ihre Hits verhunzt. Bei Modern Talking und „Cherry Lady“ ist das nicht mal Satire.

Wirrr haben die berrrühmte Spruch: Dieter Bohlen haben stolen alle Hits aus Polen! Im Ernst: Diese Bohlen-Lieder sind kleine Kunstwerke, aber leider so entsetzlich produziert, dass wir endlich mal die richtige Version an die Öffentlichkeit bringen müssen.

Dann zahlen Sie ja sogar noch Tantiemen an Bohlen!

Dabei müsste wirrr kassieren! Aber weil rrrrechtliche Lage so verquickt ist, haben wir noch keine Cent gesehen! Es müssten ungefähr 7,2 Milliarden Euro sein, die uns zustehen für 128000 geklaute und verhunzte Top-Ten-Hits.

Wir sind erschüttert! Aber sagen Sie: Ist der Spaß beim Publikum vielleicht auch deshalb so groß, weil viele die Schnauze vom glatten Mainstream-Pop voll haben?

Ich glaube ja. Es gibt fast nur uniforme Musik, kein Risiko, keine Abwechslung. Wir versuchen, es anders zu machen.

Darauf einen Wodka!

Da kippen wir einen!

 Michael Grill

Do und Fr im Lustspielhaus, je 20.30 Uhr, Tickets Tel. 344975

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