Osama-Lifestyle

Al Qaida soll mit „Inspire“ ein englischsprachiges Online-Magazin inklusive Jihad-Tipps ins Netz gestellt haben – Deutschland darf jetzt über den Comic „Bin Laden enthüllt“ lachen
von  Abendzeitung

Al Qaida soll mit „Inspire“ ein englischsprachiges Online-Magazin inklusive Jihad-Tipps ins Netz gestellt haben – Deutschland darf jetzt über den Comic „Bin Laden enthüllt“ lachen

Krieg beginnt in den Köpfen. „Inspire“ heißt das neue Magazin, das als pdf-Download in der weiten Welt des Internets aufgetaucht ist. Was klingt wie ein Hochglanzheftchen zwischen Inneneinrichtung und Wellness, ist wohl initiiert von Anwar al-Awlaki, einem in den USA geborenen Prediger, der mittlerweile im Jemen lebt und im Verdacht steht, dort Terroristen zu rekrutieren. Erst im März rief er zum Jihad gegen die Vereinigten Staaten auf. Al-Awlaki wird zumindest auf der Titelseite des Magazins mit dem Segensspruch zitiert „May our souls be sacrificed for you!“ – „Mögen unsere Seelen für euch geopfert werden!“

Neu an diesem Magazin ist nicht der Inhalt, es ist die Zielgruppe. Hier nutzt ein Terrornetzwerk die Sprache des Feindes, und anscheinend auch dessen Ästhetik. Das kann dann auch wirken, als würde eine Teenie-Zeitschrift Amok laufen. Auf der Titelseite angekündigt wird unter anderem ein Artikel zum Thema „Make a bomb in the kitchen of your mom“. Ein anderer Artikel soll sich, nach Informationen des „Guardian“ auf das Absenden und Empfangen verschlüsselter Nachrichten beziehen. Mit derartigen Jihad-Ratgebern zielt das Magazin deutlich auf eine jugendliche Leserschaft die sich in englischsprachigen Ländern radikalisieren will. Allerdings scheint man selber Probleme mit der Verschlüsselung zu haben. Laut „Guardian“ lasse sich die pdf-Datei, so man sie denn aufspürt, zwar öffnen, von den 67 angekündigten Seiten sind allerdings nur die ersten drei lesbar. Der Rest ist kryptischer Computercode – und das ganze Magazin, dessen Herkunft noch nicht einwandfrei geklärt ist, somit ein Betätigungsfeld für Verschwörungsspezialisten und Dekodierer.

Sexy Dschihad

Wo „Inspire“ mit Bombenbastelüberschriften für zumindest unfreiwillige Komik sorgt, darf der Gegner offen lachen. „Bin Laden enthüllt“ heißt der im Eichborn Verlag erschienene Comic von Mohamed Sifaoui und Philippe Bercovic, von dessen Cover Osama, stehend auf einem Totenschädel, grinst. Vollgerüstet mit Panzerfaust und MG, im Arm eine blauverschleierte sexy Terror-Queen mit Zeitzünderbombengürtel.

Natürlich liegt da der Gedanke an die Mohammed-Karrikaturen in „Jyllands-Posten“ nahe. Auch Deutschlands Satire-Sprachrohr „Titanic“ versuchte, unter anderem 2008 zur Buchmesse, einen Mohammed-Ähnlichkeitswettbewerb zu lancieren. Dahinter steht der Drang, sich nicht von der Angst den Witz diktieren zu lassen. Gleichzeitig spürt man das Abtasten der Grenzen des gerade noch Machbaren.

Der Bin-Laden-Comic findet seinen Ausweg in der sehr weltlichen Geschichte des Terroristen. Der Auftakt: Am 6. Mai 2016 wird der Osama gefangen genommen. Im Verhör erzählt er seine Geschichte. Als doofer Schüler träumt er sich in die Rolle eines Superstar-Propheten. Als reiches Bürschchen sucht er nach Sinn und findet den Heiligen Krieg als Hobby. Autor Mohammed Sifaoui flieht dabei nicht in den Klamauk, sondern hält sich an Osamas Biografie. Bei allen Verbrechensungeheuerlichkeiten, wie dem dezent zeichnerisch angespielten Angriff auf die zwei Türme, konzentriert er sich auf das Menschlein Osama, dessen Gesicht vom dümmlichen Geltungsdrang zum grantigen Großvater altert.

Um die volle Wirkkraft dieser Osama-Entkleidung zu entfalten, müsste dieser Comic nun nur übersetzt und als unproblematischer und kostenfreier Download der Jihad-Community zur Verfügung gestellt werden. „Inspire“, das Lifestyle-Magazin für den Heiligen Krieg, macht es vor.

Christian Jooß

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