„Obama ist ein Hengst“ - Das große AZ-Interview mit den Pet Shop Boys

Sie zählen zu den Stars, die bei "The Dome" in München auftreten: die Pet Shop Boys. Neil Tennant und Chris Lowe im AZ-Interview über Sexsymbole, würdevolles Altern und ihr neues Album „Yes“.
von  Abendzeitung

Sie zählen zu den Stars, die bei "The Dome" in München auftreten: die Pet Shop Boys. Neil Tennant und Chris Lowe im AZ-Interview über Sexsymbole, würdevolles Altern und ihr neues Album „Yes“.

ABENDZEITUNG: Mr. Tennant, Mr. Lowe, Sie haben „Yes“ zusammen mit den Produzenten der Sugababes aufgenommen. Ist das nicht zu kommerziell für Sie?

NEIL TENNANT: Seit wann sind die Pet Shop Boys nicht kommerziell? Wir lieben Mainstream!

Sie sagen „Yes“, Obama sagt „Yes, we can“. Wie viel Politik steckt in Ihren neuen Songs?

TENNANT: Obama kommt indirekt nur einmal vor, in „More than a Dream“. Wir schrieben den Song im vergangenen Juni, als er die Vorwahlen gewann und immer deutlich wurde, dass diese garstige Bush-Ära dem Ende zuging.

Mr. Tennant, Sie bekannten sich einmal dazu, auf Wladimir Putin zu stehen. Könnten Sie auch bei Obama schwach werden?

CHRIS LOWE: Ich sehe schon die Schlagzeile: „Neil Tennant: ,Ich liebe die beiden mächtigsten Männer der Welt’“ (beide lachen). TENNANT (lacht): Gut, dass das mit Putin nichts geworden ist. Putin ist ein Gangster. Ich verabscheue seine Politik, finde ihn auch nicht mehr attraktiv. Menschenverachtung ist niemals sexy. Und nein, ich bin auch nicht scharf auf Obama. Obwohl, lass mal überlegen, er hat schon was, oder?

In „Love etc.“ singen Sie „Ich brauche kein tolles Auto, kein großes Haus, keine Macht. Ich brauche nur Liebe.“ Ein idealistisches Statement in Zeiten der Finanzkrise?

TENNANT: Idealistisch ist der Song auf jeden Fall. Aber das Motiv ist eher die Unzufriedenheit mit unserer heutigen Hollywood-Kultur. Ich sehne mich nach einer ernsthafteren Welt, nach einer Welt, die ein bisschen weniger vom Geld motiviert ist und mehr von dem Willen, gemeinsam und optimistisch in die Zukunft zu schauen.

Was wollen Sie mit dem Song „Beautiful People“ sagen?

TENNANT: Dass das Leben als Berühmtheit ein hartes Leben ist. Ich würde so nicht leben wollen. LOWE: Ich stelle mir immer vor, wie eine Mutter von zwei Kindern durch die einschlägigen Magazine blättert und davon träumt, auch so ein Leben zu führen wie Victoria Beckham oder Angelina Jolie. Wenn die wüsste, wie unsagbar stressig so ein Dasein ist. TENNANT: Ich lese diese Heftchen immer, wenn ich am Green Park auf den Bus warte. Es gibt da einen tollen Kiosk, in den ich immer reingehe und schaue, was es Neues gibt. Natürlich regnet es immer, der Verkehr ist ein einziges Chaos, und dann stehe ich da mit meinem Bunte-Leute-Heftchen.

Sie träumen in dem Song vom perfekten Ich. Wie sähe der perfekte Neil Tennant aus?

TENNANT: Er wäre dünner und hätte mehr Haare.

Insgesamt altern Sie beide aber sehr geschmackvoll.

TENNANT: Danke schön. Wir versuchen, diese Aussehensfrage nicht zur Obsession werden zu lassen. Ich bin 54 Jahre alt und sehe, wenn ich mir viel Mühe gebe, vielleicht aus wie 49. LOWE: In diesem Beruf ist es natürlich schwierig; der Druck ist enorm. Ständig wirst du fotografiert oder gefilmt, du wirst aus beruflichen Gründen praktisch permanent mit deinem eigenen Bildnis konfrontiert. Ich kann verstehen, dass man es da mit der Angst zu tun kriegen kann.

Ist es für Männer einfacher, lässig alt zu werden?

LOWE: Seit Magazinen wie „Men's Health“ nicht mehr. Uns wird genauso ein Druck gemacht wie den Frauen. Jetzt fangen ja sogar die Männer schon an, Botox zu spritzen. TENNANT: Obama! Der arme Obama. Jeden Morgen um 6.45 Uhr steht der Mann im Fitnessstudio. Aber okay, man sieht es ihm auch an. Der Mann ist ein Hengst. Aber er kann sich jetzt auch nicht mehr gehen lassen, selbst wenn er wollte. Nicht mal mehr in Ruhe rauchen darf er.

Sie haben vor Kurzem den Brit-Award für herausragende Leistungen in der Musik erhalten. Wenn Sie sich selbst einen Preis geben könnten, wofür wäre der?

TENNANT: Ich würde uns den „Überlebenspreis im Musikgeschäft“ überreichen. Nicht viele Menschen überleben auf diesem Schlachtfeld. Wir haben schon 25 Jahre geschafft, ohne uns jemals prostituieren zu müssen. Wir haben immer gemacht, was wir wollten.

Stimmt es, dass Sie ein Ballett planen?

TENNANT: Ja. Wir machen das für Sadler’s Wells, das renommierteste Balletthaus in London. Das Stück basiert auf einem Märchen von Hans Christian Andersen. Aber wir werden erst nächstes Jahr damit fertig werden, weil wir jetzt zunächst mal auf Tour gehen und die ganzen Festivitäten zu unserem 25-jährigen Jubiläum über uns ergehen lassen müssen.

Steffen Rüth

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.