„Nine“: Pornogeräkel der sexy Sirenen
Rob Marshall versucht seinen Erfolg von „Chicago“ zu wiederholen, klaut offen bei den Fantasien Fellinis und lässt seine Superstars singen. Alles ist Italien-verliebt, sehr ästhetisch, aber auch glatt
Dieser Film nimmt sich viel vor: Die Vollendung! Warum? Weil der italienische Starregisseur Federico Fellini 1963 seinen neunten Film „8 1/2“ nannte. Denn Marcello Mastroianni spielt darin das Alter Ego Fellinis als Regisseur in einer Erschöpfungs-Krise.
Er flieht hypochondrisch an einen mondänen Kurort und in seine Traumwelt, aber nach und nach tauchen alle hier wieder auf: die Geliebte, die aufdringlichen Schauspielerinnen und Starlets, die Ehefrau und schließlich der Produzent mit der ganzen Crew. Ein kreativer Befreiungsschlag muss her, denn die internationale Pressekonferenz zum Drehstart ist angesetzt.
Jetzt ist Daniel Day-Lewis der ausgepowerte Frauenschwarm. Und Regisseur Rob Marshall hat – von seinem Musical „Chicago“ erfolgsverwöhnt – Fellinis „8 1/2“ mit Musik zu „Nine“ komplettieren wollen. Wer Fellini kennt, wird lächeln, wenn Nicole Kidman bei der Roadster-Fahrt durch das nächtliche Rom Day-Lewis abblitzen lässt. Marcello war bei Anita Ekberg in „La dolce vita“ nach dem Fontana-di-Trevi-Bad eben doch zum Zug gekommen. Typisch für „Nine“ ist, dass der Film aggressiver sexy sein will, aber dafür sterile Designer-Sex-Szenerien mit übertriebenem Porno-Geräkel entwirft, deren Machart auch an Luhrmanns „Moulin Rouge“ erinnert.
Dabei bleibt der Film letztlich sogar prüde und inhaltlich glatt. Fellini hat sich immer auch einen witzig-selbstironischen Machismus erlaubt, der heute von US-Großstudios aus Angst vor politischer Unkorrektheit nicht mehr riskiert wird. Klischeehaft schön dagegen ist die nostalgische Reminiszenz an die legendären Cinecittà-Studios und an das aus US-Sicht vermeintlich libertinäre dolce vita Italiens.
Wirklich packend ist Penélope Cruz als naive Geliebten-Mieze (bei Fellini: Claudia Cardinale): eine leidenschaftliche Frau (wie schon oscar-gekrönt in Allens „Vicky Christina Barcelona“), die sich nach liebender Aufmerksamkeit des verheirateten Mannes sehnt. Aber singend funktioniert sie nicht, wie auch die anderen Stars wie Kate Hudson. Und Sofia Loren hat einen extrem-gelifteten peinlichen Gastauftritt als italienische Traum-Mamma.
Adrian Prechtel
Kino: CinemaxX, Mathäser, Münchner Freiheit, Eldorado in OmU, Museum Lichtspiele OV R: Rob Marshall B: M. Tolkin, A. Minghella (USA, 112 Min.)
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