Nina Kunzendorf: „Ich selbst würde durchdrehen“
Die 37-jährige Grimme-Preisträgerin Nina Kunzendorf spielt in Matti Geschonnecks ZDF-Zweiteiler „Entführt“ eine Mutter, deren Tochter gekidnappt wird.
Lianes Mann und Tochter werden entführt – die Täter fordern 22 Millionen Euro Lösegeld, das sie nur mithilfe ihres Vaters (Friedrich von Thun) aufbringen kann. Liegt darin der Schlüssel für die Ermittlungen von Kommissar Danner (Heino Ferch)? Nina Kunzendorf, selbst zweifache Mutter, spielt in Matti Geschonnecks Zweiteiler „Entführt“ die Hauptrolle.
AZ: Frau Kunzendorf, im ZDF-Zweiteiler „Entführt“ spielen Sie einmal mehr eine Frau in einer Grenzsituation. Haben Sie auch deshalb zugesagt?
NINA KUNZENDORF: Mein Interesse hatte vor allem damit zu tun, dass Matti Geschonneck Regie führt. Klar hat mich auch die Geschichte interessiert, aber die war, als er auf mich zu kam, noch gar nicht richtig ausgegoren.
Liane reagiert auf die Entführung ihrer Tochter und ihres Mannes extrem kontrolliert. Ist das realistisch?
Beim Dreh kam oft die Diskussion auf, ob das glaubwürdig ist. Zwei Mal 90 Minuten eine hysterische Frau zu zeigen, wäre wenig spannend gewesen, das war uns schon im Vorfeld klar. Ich denke letztendlich haben wir die Figur glaubwürdig erzählt. Liane ist durch ihre Vergangenheit ein sehr verschlossener Mensch, der immer versuchen wird, die Fassung zu bewahren. Und es ist sehr interessant, jemand auf eine ganz andere Weise reagieren zu lassen, als man es landläufig erwarten würde. Ich selbst würde auch ganz anders reagieren.
Ich will meinen Kindern beibringen, mutig zu sein
Wie denn?
Auch wenn ich kein Mensch bin, der schnell hysterisch wird, ich würde durchdrehen, wenn mit einem meiner Kinder etwas wäre. Das Elematarste ist doch die Bindung zu einem Kind. Oft reagiert man dann aber doch anders als man denkt. Ich weiß es nicht.
Sind Sie generell eine eher ängstliche Mutter?
Überängstlich bin ich bestimmt nicht. Ich versuche, eine Mischung hinzubekommen, die Kinder auf Gefahren hinzuweisen, sie aber trotzdem das Klettergerüst erklimmen zu lassen. Ich will ihnen beibringen, mutig zu sein.
Sie sind gerade aufs Land gezogen. Wegen der Kinder?
Eigentlich war das Zufall. Wir haben eine größere Wohnung gesucht und in München gestaltet sich das ja recht schwierig. Eine Freundin hat uns dann auf das Häuschen aufmerksam gemacht. Ich hab’ mir das erst sogar ein bisschen widerwillig angeschaut, weil ich eigentlich nicht aufs Land wollte. Aber dann waren wir schnell verführt, es ist wunderschön.
Können Sie eine Rolle sofort ausblenden, wenn Sie nach dem Dreh heim kommen?
Ja, das kann ich gut. Es ginge auch nicht anders mit den zwei kleinen Kindern, die mich dann überfallen und mit mir einen Schneemann bauen oder Legospielen wollen. Da kann ich den Drehtag nicht eine Stunde nachbereiten.
Verzichten Sie als Mutter auch mal auf eine Rolle?
Klar, mehr als drei Sachen im Jahr mache ich nicht, versuche mich da sehr zu konzentrieren. Bis 2004 war ich aber fest am Theater und auch damals gab es eine natürliche Begrenzung der TV-Rollen.
Muss das Theater warten bis die Kinder größer sind?
Nein, ich spiele im Sommer wieder unter Jossi Wieler eine Koproduktion der Münchner Kammerspiele mit den Salzburger Festspielen. Samuel Beckett/Peter Handke: Das letzte Band/Bis dass der Tag euch scheidet oder Eine Frage des Lichts. Ich freu’ mich sehr, es ist viel zu lange her. Drehen ist allerdings familienfreundlicher.
Ihr Mann Stephan Bissmeier ist ebenfalls Schauspieler. Sprechen Sie Projekte ab?
Ja, wir schauen immer, dass einer von uns zu Hause ist. Caspar und Josefine sind keine Kinder, die man völlig unkompliziert einer Nanny in die Hand drücken könnte. Wir sind da auch nicht so schick ausgestattet wie Brangelina.
Für „Hurenkinder“ sind Sie für Grimme-Preis-nominiert.
Ich freue mich riesig, aber bevor ich den Preis nicht wirklich bekomme, schiebe ich das von mir weg. Es sind so viele andere tolle Filme auch nominiert. Über den Grimmepreis für „Scharlachroter Engel“ habe ich sehr gefreut, dieser „Polizeiruf“ ist für mich sehr kostbar. Der Preis steht übrigens im Kinderzimmer.
Warum denn das?
Mein Sohn war, als ich ihn bekommen habe, vier Monate alt. Dieses kleine Kind war für mich einfach das präsenteste überhaupt. Deshalb wanderte der Preis von Anfang an irgendwie dahin.
Was steht als nächstes an?
Im Frühjahr drehe ich mit Rainer Kaufmann eine sehr traurige Geschichte. Ich spiele eine Polizistin, die in einem Fall von Kindesmissbrauch ermittelt.
Haben Sie auch da keine Bedenken, dass die Thematik Sie über den Film hinaus beschäftigen könnte?
Das ist tatsächlich eine Geschichte, die mich wohl noch einmal eine Nummer mehr anfressen wird. Seit ich selbst zwei Kinder habe, ertrage ich nicht einmal Zeitungsmeldugen zu diesem Thema.
Angelika Kahl
„Entführt“ zeigt das ZDF am Montag, den 2. März, und Mittwoch, 4. März, jeweils 20.15 Uhr