Nicht nur Bier macht Bauch

Neu auf DVD: Wagners „Ring des Nibelungen“ aus dem Opernhaus Kopenhagen - Hochprozentiger war kein „Ring“ zuvor.
von  Abendzeitung

Neu auf DVD: Wagners „Ring des Nibelungen“ aus dem Opernhaus Kopenhagen - Hochprozentiger war kein „Ring“ zuvor.

Hochprozentiger war kein „Ring“ zuvor. Alberich träumt in einem Meer von Schnapsflaschen von den Rheintöchtern. Wotan nippt vom Flachmann. Siegfried kippt mit Gunther soviel Whisky, dass er keinen Vergessenheitstrank mehr nötig hat. Und Hagen lässt für die Mannen eine ganze Palette Wodka auffahren.

Vor dem Bildschirm braucht man auch nach 920 Minuten Wagner keinen Schnaps. Kasper Bech Holten, der junge Intendant des Kopenhagener Opernhaus-Neubaus, inszenierte die Tetralogie als lange Rückblende. Im Augenblick von Siegfrieds Tod erinnert sich Brünnhilde auf einem Dachboden mit alten Alben und Zeitungsausschnitten ihrer Familiengeschichte, ehe sie den ganzen Plunder ins Feuer wirft.

Halbstarkes Rebellentum

Dazwischen ereignete sich eine Zeitreise von der Industrialisierung bis zur Gegenwart, die nicht nur wegen der Walküren-Engel unwillkürlich an Stefan Herheims Bayreuther „Parsifal“ erinnert. Wie in fast jedem „Ring“ gelingt das „Rheingold“ als zynisches Machtkammerspiel, ehe mit der „Walküre“ ein Regie-Durchhänger folgt. Dann lebt Siegfried sein halbstarkes Rebellentum in einer Wohnküche aus, die stark an Jossi Wielers und Sergio Morabitos Stuttgarter Inszenierung gemahnt.

Während der geneigte Zuschauer noch überlegt, wieso schlecht geklebte Masken unbedingt in Nahaufnahme gefilmt werden müssen, steigt der Wagner-Pegel. Das ist weniger das Verdienst des Regietheaters aus zweiter Hand. Die gesteigerte Spannung verdankt sich zwei exzellenten Wagner-Sängern.

Bester Siegfried seiner Generation

Der vom Münchner Alden-„Ring“ für unermüdliche Stimmbänder wohlbekannte Stig Andersen erweist sich dank einer freundlichen Tontechnik und seines heldischen Belcanto als bester Siegfried seiner Generation. Iréne Theorin, heuer in Bayreuth als Isolde gefeiert, singt eine wunderbare lyrisch-heroische Brünnhilde. Die beiden machen das oft so zähe Schluss-Duett aus „Siegfried“ zu einem echten Hinhörer.

Wenn Andersen und Theorin auf der Bühne stehen, ist auch die „Götterdämmerung“ eine Freude. Vom hohltönenden Hagen Peter Klaveness lässt sich das nicht behaupten. Lange sorgt Brünnhildes Gewichtszuwachs für Verwunderung, ehe das süße Geheimnis gelüftet wird: Zum Erlösungsthema, das Wagner dem ungeborenen Siegfried zugedachte, zeigt sie dessen Nachkommenschaft dem Publikum. Was der „Ring“-Schluss auch immer bedeuten mag: An eine Fortsetzung der Wälsungen-Dynastie hat bisher noch niemand gedacht. Im monarchischen Dänemark aber, wo Königin Margrethe im Bonus-Teil der DVD locker über Wagner plaudert und Michael Schoenwandt ordensgeschmückt kapellmeistert, mag das in Ordnung gehen.

The Copenhagen Ring, 7 DVDs, Decca

Robert Braunmüller

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