Nackt nach dem Shoppen
Pascal Breuer und Sebastian Goder flüchten in der Kleinen Komödie vor dem Shopping-Wahn in einen „Männerhort“
Um dem samstäglichen Shopping-Wahn ihrer Frauen zu entkommen, flüchten sich Helmut, Eroll und Lars unter Vortäuschung wichtiger Termine regelmäßig in ihren „Männerhort“: Sie haben sich’s in einem Heizungskeller des Einkaufs-Centers mit Sofa, Kühlschrank fürs Bier und Fernseher gemütlich gemacht. Eines Tages entdeckt sie ein Feuerwehrmann. Er will sie auffliegen lassen, wenn er nicht der Vierte im Bunde sein darf. Morgen hat das Erfolgs-Lustspiel „Männerhort“ von Kristof Magnusson in der Komödie im Bayerischen Hof Premiere, eine Hälfte des ungleichen Quartetts stellen Pascal Breuer (42) und Sebastian Goder (44).
AZ: Herr Breuer, Herr Goder, Sie standen schon in „Ladies Night“ gemeinsam auf der Bühne, auch mit Torsten Münchow, der wieder mitspielt.
SEBASTIAN GODER: Dadurch ist bei uns dreien schon eine gemeinsame Sprache da.
PASCAL BREUER: Das ist eine richtig gute Basis. Das Stück lebt ausschließlich von den Figuren, die einen absolut präzisen Rahmen haben. Unsere Not sind die Frauen, und wir müssen diese Not etablieren, um Komik zu erzeugen.
GODER: Das Stück wird ja deutschlandweit erfolgreich gespielt, die Berliner Aufführung mit Bastian Pastewka und Christoph Maria Herbst war ein wahnsinniger Erfolg.
Müssen Sie sich daran messen lassen?
GODER: Die anderen müssen sich an uns messen lassen.
Die Männer lästern dauernd über das Shopping-Verhalten ihrer Frauen. Kennen Sie ähnliches Frauen-Verhalten?
GODER: Man kennt das schon im familiären Bereich, aber man regt sich nur drüber auf, wenn man selber in der Krise steckt.
BREUER: Ich shoppe wesentlich schneller als meine Frau.
GODER: Ich finde es toll, wenn meine Freundin sagt, mit dir kann man so gut einkaufen. Ich merke, dass ich oft auf den Männer-Sessel zusteuere, der da immer steht, aber ich stoppe mich rechtzeitig.
BREUER: Ich dagegen lege mich drauf und schnelle dann hoch, wenn sie aus der Umkleide-Kabine kommt. Andererseits: Sie kommt mit, wenn ich shoppe. Manchmal legt sie mir Sachen hin, wo ich erst sage, das zieh ich nicht an. Aber wenn ich’s dann probiere, sieht es toll aus – sie sieht mich eben anders als ich mich selbst.
Bei allen vieren kommt es zu einer Ehekrise – sie werden von ihren Frauen vor die Tür gesetzt, aber keiner will es vor den anderen zugeben.
GODER: Die Figuren schälen sich wie Zwiebeln und stehen immer nackter da. Jeder ist absolut zu verstehen. Das hat wie in jeder Komödie auf der Bühne nur ’ne Chance, wenn man das ganz ernsthaft spielt.
Wie würden Sie Ihre Figuren charakterisieren?
BREUER: Lars ist der klassische Macho. Er macht bei den Mädels auf Softie, aber hintenrum lebt er den Macho aus. Und kann gar nicht verstehen, was seine Frau für ein Problem mit ihm hat. Er stellt sich seinem Problem nicht, sondern flüchtet, sperrt sich weg und fühlt sich auch noch wohl dabei. Das muss ja irgendwann eskalieren.
GODER: Eroll sitzt im Keller einer Versicherungsgesellschaft und programmiert Software. Er versucht noch am ehesten, die Frauen zu verstehen, und spuckt damit den anderen in die Suppe. Aber er steht am Schluss ebenso blank da wie die anderen, als er merkt, dass seine Frau ihn genauso betrogen hat wie er sie. Der Widerspruch ist der: Man müsste den Frauen einfach mal zuhören, um sie zu verstehen, aber genau das findet nicht statt. Man geht Umwege – und diese Umwege sind auf der Bühne spannend zu verfolgen.
BREUER: Die Emanzipation der Frauen hat eine lange Geschichte. Wir Männer haben unsere eigene Emanzipation verschlafen. Es gibt entweder das Softietum oder das Männer-Machotum. Die legitime Andersartigkeit des Mannes wird als Möglichkeit der Emanzipation nicht wahrgenommen. Emanzipation besteht nicht darin, dass wir uns gleichschalten, sondern die Andersartigkeit akzeptieren. Der Reiz liegt in der Unterschiedlichkeit. Meine Frau tickt ganz anders als ich, und das ist für mich richtig.
Sie haben beide in den letzten Jahren vorwiegend Komödie gespielt.
GODER: Ich hab schon Sehnsucht nach den Kammerspielen, ich war ja zehn Jahre dort. Komödie spielen ist etwas ganz anderes: Der bei uns so verschrieene Boulevard ist Mathematik. Bei William Shakespeare kannst du ein bisschen lavieren, aber wenn du im Boulevard eine Tür falsch öffnest oder ein Pointe versemmelst, ist das Stück im Keller, und du musst es erst wieder raufholen.
BREUER: Komödie spielen ist wahnsinnig schwierig – und deshalb reizvoll. Es braucht ein sehr gutes Zusammenspiel. Da müssen drei gute Pässe kommen, damit einer den Ball ins Tor hauen kann. Schade, dass in Deutschland so ein Unterschied zwischen Tragödie und Komödie gemacht wird – viele Stücke, wie die von Yasmina Reza, sind ja beides in einem. Eine gute Komödie wird immer emotional sein und Nöte zeigen. Wenn man nur Gags aneinanderreiht, bleibt nichts hängen.
Gabriella Lorenz
Komödie im Bayerischen Hof, 18. März bis 9. Mai, 20 Uhr, Tel.29161633