Nachdenklicher Triumph

„The Fighter” ist mehr als Boxkampf: Es ist eine spannende, ans Herz gehende Lebensstudie
von  Adrian Prechtel

Zwei Männer hauen sich in einer stickigen Halle unter Gejohle einer enthemmten Masse in die Fresse, bis einer endgültig zu Boden geht. Boxen ist ein archaischer Sport, ein Sport für Aufsteiger, die mit Blut, Schweiß und Tränen den amerikanischen „Du-kannst-es-schaffen”-Traum erkämpfen. Wenn dazu noch eine harte, aber rührende Bruder-Konkurrenz sowie eine erlösende Liebesgeschichte kommt und es heißt, „nach einer wahren Geschichte”, dann geht ein Filmemachertraum in Erfüllung. Und die Zuschauer bekommen zwei großartige – am Ende sogar angenehm versöhnliche – Kinostunden.

Gleich zu Beginn gehen wir durch die Straßen des kleinbürgerlicheren Teils der neuenglischen Stadt Lowell/Massachusetts. Micky (Mark Wahlberg) ist Straßenbauarbeiter und jüngerer Bruder des ehemaligen Box-Helden vom Kiez. Der (Christian Bale) allerdings ist als crack-süchtiges Wrack halb erloschen.

Doch wie er großspurig seine Bedeutungslosigkeit überspielt, den introvertierteren Bruder bewundert und beneidet und versucht, Glanz auf sich als Trainer des Bruders zu lenken, wurde zu Recht – zusammen mit Melissa Leo als hart-pragmatischer Vulgär-Mutter mir Stolz – oscar-gekrönt. Der jüngere Mickey ist jetzt die finanzielle Hoffnung der Prekariats-Familie, die ihn zwischen Liebe und Ausbeutung notfalls auch verheizt. Aber niemals diffamiert der Film, sondern bewahrt in allen Abgründen eine tiefe Grundhumanität gegenüber allen Figuren, so dass man es sich als Zuschauer nicht bequem machen kann in einem simplen Gut-Böse-Schema.

Als der schüchterne Mickey Halt bei einer selbstbewussten Frau (Amy Adams) findet, bekommt die dominate Mutter Angst, ihren besten Hengst im Stall an die Geliebte zu verlieren. „The Fighter” wird so noch um ein Familiendrama erweitert – und beweist: Die besten Geschichten schreibt das Leben selbst. Und Mark Wahlberg hat als Produzent durchgesetzt, dass viele Rollen mit den wirklichen Menschen (der Trainer, die Schwestern) besetzt wurden. Auch filmisch fühlt sich „The Fighter” (Regie: David O. Russell) echt an. Fast dokumentarisch erleben wir die Boxarenen wie aus Live-TV-Kommentatorsicht. Und die Balance zwischen Liebe, Familie, Vertrauen und Ich-Findung ist am Ende wunderbar versöhnlich, aber eben nicht zu schön, um wahr zu sein.

Kino: Sendlinger Tor, Royal, Arri, Leopold, Mathäser, sowie Monopol (OmU), Museum und Cinema (OV), R: David Russell (USA, 117 Min.)

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