Nach Schmierereien der TSV-1860-Fans: Direktor der Uffizien in Florenz über Strategien gegen Vandalismus

Auf den mächtigen Pfeilern ist es deutlich zu lesen: D K S 1 8 6 0. Der Bürgermeister von Florenz spricht von einem "schändlichen Akt", Italiens Kulturminister schäumt – und beim TSV 1860 München ist man beschämt. Dass die Mitglieder eine Fangruppe für den "Vandalismus" am Vasari-Korridor der berühmten Uffizien verantwortlich seien, hat der Verein scharf kritisiert.
"Das überschreitet moralische Gesetze", heißt es in einer offiziellen Stellungnahme. Wenn bedeutende Kulturgüter beschädigt würden, sei das "keine Unterstützung des TSV 1860 München, sondern schlichtweg Sachbeschädigung". Auch Uffizien-Direktor Eike Schmidt findet klare Worte.
AZ: Herr Schmidt, ausgerechnet zwei deutsche Landsleute haben den Vasari-Korridor beschmiert.
EIKE SCHMIDT: Nimmt man die Aussage des ehemaligen Bundeskanzlers Konrad Adenauer, dass jeder Deutsche im Ausland ein Botschafter seines Landes ist, dann haben die beiden versagt. Ansonsten gilt natürlich innerhalb der Europäischen Union: Gleiches Recht für alle.
TSV-1860-Fans beschmieren Kultur-Denkmal in Florenz: "Harte Hand des Gesetzes" gefordert
Und dazu noch Mitglieder aus einer Fangruppe des an sich sympathischen TSV 1860.
Da sind wir in der dritten Liga. Wäre das jetzt im Umfeld des gestrigen Spiels mit der Florentina (AC Florenz) gegen Rapid Wien gewesen, hätte es wenigstens einen Bezug gegeben, aber zwischen den Löwen und der Fiorentina gab es ja seit Ewigkeiten kein Spiel mehr.
Sie fordern die "Harte Hand des Gesetzes". Kommt Ihnen ein neues Gesetz, das nächste Woche in Kraft treten soll, entgegen?
Ganz bestimmt! Schon nach dem jetzigen Gesetz ist es so, dass die Verursacher von Schmierereien haftbar sind und für alle Kosten aufkommen müssen. Allerdings muss der Fall vor Gericht kommen. Mit dem neuen Gesetz ist es so, dass der Präfekt die entsprechende Summe gemeinsam mit dem Bußgeld einfordern kann und es zum Prozess nur dann kommt, wenn der Täter diesen Rechtsakt anficht.
Wie hoch ist der Anteil an Touristen, die in Florenz "Souvenirs" hinterlassen?
In Städten mit vielen Besuchern wird die Mehrzahl der Schmierereien von Touristen verursacht. Wenn ihre Heimatländer außerhalb der EU liegen, kann das Belangen manchmal schwierig werden. Ab der kommenden Woche ist es wie bei jedem Falschparker – und innerhalb der EU gibt es auch da keine Probleme, die Leute zur Kasse zu bitten.
Uffizien am Vasari-Korridor beschmiert: Den Übeltätern Zehntausende Euro Strafe
Wie steht es mit Haftstrafen? In Deutschland sind bei radikaler Beschädigung bis zu drei Jahren Haft möglich.
Das gibt es in Deutschland aber nur, wenn ein Denkmal unwiederbringlich beschädigt ist. Handelt es sich aber um einen oberflächlichen Schaden, der durch Restaurierung rückgängig gemacht werden kann, dann greift nur das Zivilrecht. Das ist aber eine deutsche Besonderheit, die in Italien und vielen anderen Ländern nicht gilt.

Womit müssen die Münchner Fußball-Fans rechnen?
Nach dem italienischen Strafgesetz ist das ein klarer Strafbestand, dann gibt es aber noch das Zivilrecht, durch das die Begleichung des Schadens geregelt wird. Außerdem sind weitere zivilrechtliche Ansprüche denkbar, aber das werden wir erst sehen, wenn es zum Prozess kommt.
Sie sprechen von 10.000 Euro Schaden.
Das ist ein erster Kostenvoranschlag, der betrifft nicht nur die Beseitigung der Schriftzüge. Da müssen Gerüste gemietet und aufgebaut werden, die wiederum mit Alarm zu sichern sind, damit Passanten nicht einfach hochklettern können. Das alles ist aufwendiger, als man denken könnte. Was die Restaurierungsfirma am Ende berechnet, werden wir nächste Woche wissen. Außerdem gibt es eine Geldstrafe, die im Bereich von mehreren Hundert Euro bis zu einer niedrigen vierstelligen Summe liegt. Dafür ist die Staatsanwaltschaft zuständig.
"Aktionen der Klimaaktivisten trafen in Italien trafen auf großen Widerspruch der Bevölkerung"
Der Vasari-Korridor sah außen relativ frisch renoviert aus.
Das ist beabsichtigt. Wir lassen die Gebäude alle zehn bis 15 Jahre streichen. Vor allem, um den konkreten Farbton für die Zukunft zu halten. Aber wenn es eine Schmiererei gibt, wird sie sofort entfernt. Das geht besser, wenn der Eingriff noch frisch ist. Zum anderen zieht eine bereits beschmierte Wand die nächsten Kritzeleien an. Wir haben diese schnelle Reinigung vor fünf Jahren eingeführt und seither deutlich weniger Graffitis und dergleichen. In diesem Sommer hatten wir tatsächlich einen Monat ohne jede Schmiererei. Es gibt aber auch Nächte wie im Frühjahr, wo wir regelrechte Kettenreaktionen beobachten. In einer einzigen Nacht gab es sechs Vorfälle.

Die Beschädigung, Beschmutzung oder Zerstörung von Denkmälern oder Kunst ist aktuell ein großes Thema, die Motivationen sind sehr verschieden. Sie hatten auch schon die Klimakleber im Haus. Wie bewerten Sie das?
Im italienischen Recht gibt es nicht den Zweck, der die Mittel heiligt. Eine Sachbeschädigung ist eine Sachbeschädigung. Was die Klimaaktivisten betrifft, wird in erster Linie die mediale Aufmerksamkeit gesucht. In Italien trafen diese Aktionen auf großen Widerspruch der Bevölkerung, und auch im Museum haben die anderen Besucher sofort gegen die Aktivisten protestiert. Im Gegensatz dazu wurden die Demonstrationen von "Fridays for Future" mit mehr Sympathie begleitet. Nichts aber hat die Bevölkerung für Klimafragen so sehr sensibilisiert wie die jüngsten Überschwemmungen und die Hitze. All das wird in den Medien und bei Veranstaltungen intensiv diskutiert, diese sachbezogene Auseinandersetzung ist sehr produktiv.
Eike Schmidt: "Italien hat noch mehr bedeutende Museen, wo es viel Potenzial nach oben gäbe"
Ihr Vertrag an den Uffizien wird nicht verlängert. Was planen Sie?
Ich bin bestimmt bis Jahresende in Florenz und habe noch so einiges vor in den nächsten Monaten.
Mit den Uffizien sind Sie ganz oben angekommen, was kann da überhaupt noch kommen?
Natürlich, die Uffizien sind eines der ältesten, größten und bedeutendsten Museen der Welt. Allerdings habe ich sie in einem Zustand übernommen, als einige Dinge überhaupt nicht liefen und andere sehr schief lagen. Italien hat noch mehr große und bedeutende Museen, wo es viel Potenzial nach oben gäbe. Aber eine Entscheidung wird sicherlich nicht vor Jahresende getroffen.
Und die Museen außerhalb Italiens?
Da gibt es nicht so viele, aber dennoch das eine oder andere Museum, das interessant sein könnte. Sagen wir mal so: Es ist eher unwahrscheinlich, dass ich das Jahr 2024 mit einem mehrmonatigen Urlaub beginnen werde.