Zwei Münchner Orchester schreiben an Markus Söder

In nordrhein-westfälischen Konzerthäusern wie denen von Dortmund und Essen dürfen derzeit 1.000 Plätze belegt werden können. Im Gasteig werden bei den ersten Konzerten der Münchner Philharmoniker nur 200 Besucher sitzen. Wenn das Orchester unter Valery Gergiev dann wenige Tage später in der Alten Oper Frankfurt gastieren wird, spielt es vor 600 Zuhörern, während nebenan in Baden-Württemberg nur 500 Besucher erlaubt sind.
Die Orchestervorstände der beiden großen Münchner Konzertorchester appellieren in einem Offenen Brief an Ministerpräsident Markus Söder, flexible Lösungen zuzulassen und und die Größe der Aufführungsorte zu berücksichtigen. Denn 200 Besucher gelten auch im Nationaltheater oder dem Gasteig, obwohl unter Einhaltung der geltenden Abstandsregelung von 1,5 Metern erheblich mehr Besucher eingelassen werden könnten. Alle Spielstätten haben bereits im Frühjahr Hygienekonzepte vorgelegt.
Salzburg macht Mut
Die Mitarbeitervertreter der Münchner Philharmoniker und des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks betonen in ihrem Brief einleitend die Bedeutung der Kultur als Standortfaktor in Bayern. "Umso überraschender ist es, dass es nach all den Monaten der kulturellen Entbehrungen keine Veränderung bzw. größere Öffnung von Konzert-, oder Opernhäusern gibt."
Der Brief der Orchestervorstände verweist auf die Erfahrungen der Salzburger Festspiele, die am Sonntag zu Ende gehen. In der größten Spielstätte, dem Großen Festspielhaus, waren 1.000 Besucher zugelassen. Dort gilt eine Maskenpflicht beim Betreten und Verlassen der Spielstätte, während der Aufführung durfte der Mund-Nasenschutz zwar abgenommen werden, es wurde allerdings in Durchsagen empfohlen, dies nicht zu tun.
Bisher wurde kein einziger Fall einer Infektion bekannt, das Publikum blieb diszipliniert. "Berlin, Hamburg und Köln planen mit etwa 600 bis 1.000 Zuschauerinnen und Zuschauern, auch in anderen Bundesländern sind ähnliche Zahlen wieder möglich", heißt es in dem Brief an Söder. Verwiesen wird auch auf Empfehlung des Instituts für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie der Charité Berlin für Veranstaltungen mit Publikum. "Die Öffnung von Kino- oder Theatersälen hat gezeigt, dass dies ebenso unter diesen Umständen möglich ist."
Den Kollaps der Kultur verhindern
Die Musiker der Philharmoniker und des BR-Symphonieorchesters verweisen auf die Bedeutung kultureller Veranstaltungen: "Die Kulturbranche ist ein Zweig des gesellschaftlichen Lebens mit einer höheren Besucherzahl insgesamt als Fußballspiele der Bundesliga", heißt es in dem Brief. Gerade in München seien Opernaufführungen und Konzerte ein eminent wichtiger Bestandteil der Lebensqualität, "die unsere Landeshauptstadt so besonders und auch den Wirtschaftsstandort München und somit Bayern in größtem Maße attraktiv macht."
Die Orchestervorstände appellieren daher "im Namen der Musikerinnen und Musiker unserer Orchester, aber auch im Namen unser Tausenden Zuschauer, Zuhörer, vieler freischaffendener Musiker, Fans, Freunde" und "im Sinne der Erhaltung der Attraktivität des Kulturstaates Bayern" an den Ministerpräsidenten, flexiblere Lösungen zuzulassen. "Nur auf diese Weise lässt sich der Kollaps der Kulturbranche noch verhindern und Sie ermöglichen, dass auch unsere Nachkommen in den Genuss dieser auf der Welt einzigartigen Kulturlandschaft Bayern kommen können", heißt es abschließend.