Zubin Mehta und Rudolf Buchbinder mit Brahms und Tschaikowsky

Alles ist wahr, gut und schön: Zubin Mehta dirigiert die Münchner Philharmoniker – und Rudolf Buchbinder spielt Brahms
Michael Bastian Weiß |
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Man könnte es sich als Kritiker leicht machen und sagen: Zubin Mehta dirigiert mit zweckmäßigen Gesten, allein nach den Interessen des Orchesters, dazu bestechend unprätentiös. Die Münchner Philharmoniker fahren unter ihrem ersten Ehrendirigenten ihren ganzen Klangreichtum auf. Rudolf Buchbinder schließlich spielt Brahms so idiomatisch, dass man meint, der Komponist selbst säße am Klavier. Alles ist wahr, gut und schön. Ende.

Tatsächlich verhält es sich auch so. Und doch würde dieses Urteil allein die musikpolitische Brisanz dieser Sternstunde verfehlen. Denn sie findet statt innerhalb einer interpretatorischen Umgebung, in welcher immer mehr zumal junge Dirigenten die Klangkultur der traditionsreichen Orchesterkörper aufbrechen, gegen den Strich bürsten und allzu oft kaputt machen, was da in Jahrzehnten gereift ist. Allein die Blechbläsergruppe zu Beginn von Mendelssohns Ouvertüre „Ruy Blas“ ist weltweit einzigartig in ihrer romantisch dunklen Erhabenheit – soll man sie wirklich an den global historisierenden Zeitgeist anpassen?

Im Adagio perlen die Kantilenen mit Brahms’scher Süße

Auch in Peter Tschaikowskys Symphonie Nr. 6 in h-moll werden hier einige philharmonische Dinge wieder geradegerückt, welche durch Interpretations-Moden in die Schieflage gebracht wurden. Zu Beginn etwa vibrieren die Kontrabässe machtvoll, und das Fagott singt seine so hoffnungslose Melodie voll aus; die Expressivität wird allein durch den Klang erzeugt. Auch im Pianissimo sind die Münchner Philharmoniker in den Weiten der Philharmonie fast greifbar präsent. Im Hauptsatz erreicht Mehta eine ganz selbstverständliche Transparenz der Totale. Trotz dieser Sorgfalt wird diese weite symphonische Landschaft mit sanfter Entschlossenheit durchschritten, sodass sich eine begeisternd dichte formale Kohärenz ergibt.

Rudolf Buchbinder als Solist des Klavierkonzerts Nr. 1 von Johannes Brahms kann sich gegen die luxuriöse Begleitung besonders gut individuieren. Sein unnachahmlicher Ton ist immer distinkt, manchmal spitz, weil die perkussiven Anteile auf reizvolle Art erhalten sind. Seine Kunst des Non-Legatos lässt manchmal noch die erdigen Farben des Hammerklaviers erahnen. Im Kopfsatz lässt er die Doppeloktaven kontrolliert donnern, im seelenvollen Adagio hingegen perlen die Kantilenen mit echt Brahms’scher Süße. Den neuen Steinway hat Buchbinder übrigens für die Münchner Philharmoniker selbst ausgesucht – und er bringt ihn zum Klingen, wie es sonst keiner kann.

 

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