Kritik

Zubin Mehta dirigiert Brahms

Die Münchner Philharmoniker lesen dem Dirigenten in der Isarphilharmonie die Wünsche von den Augen ab
Michael Bastian Weiß |
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Lisa Batiashvili, Gautier Gautier Capuçon und die Münchner Philharmoniker unter Zubin Mehta in der Isarphilharmonie.
Tobias Hase Lisa Batiashvili, Gautier Gautier Capuçon und die Münchner Philharmoniker unter Zubin Mehta in der Isarphilharmonie.

Der Schlag, mit dem er den Takt vorgibt, wandert nicht durch den Raum, sondern konzentriert sich meistens auf einen Punkt, auf dem der Stab niedergeht. Will er, dass das Orchester wirklich leise einsetzt, macht er mit der linken Hand sacht eine einzige abdeckende Bewegung. Jüngere Kolleginnen und Kollegen wären da schon suggestiv in die Knie gegangen. Und wenn Zubin Mehta mit der Rechten in der Isarphilharmonie lange Linien durch die Luft streicht, verstehen die Münchner Philharmoniker sofort, dass sie die somit vorgezeichneten Abschnitte durch die Intensität ihres Spiels noch stärker zusammenfassen, zu Einheiten zusammenschmieden sollen.

Wer erfahren will, wie ein Dirigent mit minimalistischen Gesten ein Orchester von vorne links bis hinten rechts vollständig in der Hand haben kann, muss sehen und hören, wie Zubin Mehta, der in wenigen Monaten 88 Jahre alt wird, Musik von Johannes Brahms dirigiert. In der Symphonie Nr. 3 in F-Dur reagieren die Philharmoniker nicht nur intuitiv auf winzigste Gesten, lesen ihrem Ehrendirigenten nicht nur jeden Wunsch von den Augen ab, sondern versuchen sogar vorauszuahnen, wie er es haben will. Ein derart farbenreiches, substantielles, geschmeidiges Legato hat man selbst von diesem Orchester schon länger nicht mehr gehört, phantasievoll zelebrieren die Holzbläser ihre Soli, das Horn singt wiegenlied-weich, dunkel melancholisch, kurz: wunderschön.

Mit würzigen Momenten

Im Doppelkonzert a-moll von Brahms können sich Lisa Batiashvili und Gautier Capuçon auf gleiche Weise aufgehoben fühlen. Die Geigerin schmeichelt sich mit ihrem so sensiblen wie verschwenderischen Ton ins Ohr, während der Violoncellist mit seinem charakteristisch gambenartigen Timbre ein würziges Moment ergänzt. Bei aller Individualität stimmen sich die beiden klanglich so sorgfältig aufeinander ab, wie man es bei diesem eigenwilligen Werk selten hört. Ein ganzes Streichquartett scheint da manchmal zu tönen, das sich immer wieder nahtlos in das Tutti der Münchner Philharmoniker integriert.

Noch ein zweiter, etwas kleinerer Brahms-Zyklus beginnt in diesen Tagen, nämlich derjenige des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks. Er beschränkt sich auf die vier Symphonien, die sich Thomas Hengelbrock und Simone Young aufteilen. Natürlich wird es interessant sein, wie die beiden die Musik interpretieren, aber auch, einen wie engen Kontakt sie mit dem Orchester herstellen können. Zubin Mehta hat hier einen einschüchternden Maßstab gesetzt: Unter keinem Anderen klingen die Münchner Philharmoniker so nach Münchner Philharmonikern wie unter ihm.

Das nächste Brahms-Konzert der Münchner Philharmoniker unter Zubin Mehta findet statt am 14. Januar um 11 Uhr in der Isarphilharmonie, Karten unter 089/54 81 81 400 und unter www.mphil.de.

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