„Wir spüren alles außer Angst“
München - Hier sitzen sie, zwei der Gefeierten: Frontmann Michael Marco Fitzthum, der sich mit Künstlernamen Marco Michael Wanda nennt, und Gitarrist Manuel Poppe.
Die zwei Herren der Wiener Band „Wanda“ hocken draußen in einem Café in der Ludwigsvorstadt. Jeder zwei Schachteln Zigaretten vor sich, eine schon so gut wie leer, dazu Kaffee, Bier.
Strenger Atem, strähniges Haar, die Fingernägel länger nicht geschnitten, die Zähne länger nicht geputzt.
So sitzen sie da und schauen müde, die zwei Fünftel von Wanda, der Gruppe, die gerade gar nicht so viele Konzert spielen kann wie sie Tickets verkaufen könnte, weil ihre Musik etwas hat, dem man nicht auskommt. Das Phänomen Wanda im AZ-Interview.
AZ: Rauchen, saufen, viel Rausch und Sex, wenig Schlaf – es heißt, ihr habt ein Rockerleben. Stimmt das?
MARCO WANDA: Wir reisen sehr viel, das ist Rock’n’Roll, mehr als alles andere. Rock’n’Roll ist nicht die Selbstzerstörung, sondern eher die geistige Reise. Aber trinken tun wir immer gern.
MANUEL POPPE: Ich trink am Tag viel mehr Bier, als Lieder auf einem Album Platz haben.
Eure erste Liebe?
POPPE: Meine Mutter.
WANDA: Züge. Ich bin immer total geil geworden, wenn Züge vorbeigefahren sind. Da musste ich immer gleich tanzen.
Eure aktuelle Liebe?
WANDA: Genau das, was wir machen.
„Amore“ – der Ausdruck ist zum Markenzeichen der Band geworden, bei Konzerten singst du ihn erst einmal a capella ins Publikum. Wie kam es zur italophilen Liebeserklärung?
WANDA: Ich hab einen guten Freund, dessen Auftreten in Lokalen war immer von einem Schlachtruf begleitet: Amore. Ich finde das wunderschön, diese Lebensfreude.
Ihr teilt Schnapsflaschen und Kippen mit dem Publikum, bei euren Auftritten wird auch mal ein Brautstrauß von der oder Unterwäsche auf die Bühne geworfen – welches Verhältnis habt ihr zum Publikum?
WANDA: Eine magische Beziehung. Es ist ein Duell auf Augenhöhe.
POPPE: Wir fordern auf und fordern ein. Es ist ein Geben und ein Nehmen von beiden Seiten.
Was spürt ihr auf der Bühne?
WANDA: Alles außer Angst.
POPPE: Und Glück. Es gibt nichts Tragischeres, als alleine glücklich sein zu müssen. Glück muss geteilt werden, wie Liebe und wie Schmerz.
„Ich bin ein trauriger europäischer Geist“. Erklärt mir die ersten Worte eures neuen Albums.
WANDA: Kann ich nicht. Instinkt. Ich hab in mich hineingehört und da kam diese Zeile. Manchmal ist das Werk viel intelligenter als man selbst. Wird sich mir sicherlich irgendwann offenbaren, was ich damit gemeint hab.
Wie schreibt ihr eure Lieder?
WANDA: Die schreibe ich. Und ich brauche einen Tisch dazu, wo ich ein Getränk abstellen kann und wo meine Zigarettenpackung liegt.
Und wie entstehen die Instrumentalteile?
POPPE: Wir treffen uns, Marco spielt die Lieder vor, und was nach drei-, viermal nicht im Kasten ist, wird verworfen. Es geht immer um Leichtigkeit und Schnelligkeit. Es wird nie eine Demo mitgenommen und daran geübt. Einfach ins Leere greifen und was spielen.
Euer Konzert in München im Dezember ist schon ausverkauft. Wie soll man jetzt als Münchner, wenn man keine Karte hat, a bisserl Amore abbekommen?
WANDA: Wir werden nächstes Jahr wiederkommen und sehr viel spielen.
Zum Sommer-Tollwood zum Beispiel. Wie ist es denn für einen jungen Menschen, schon im Herbst zu wissen, was man am 7. Juli nächstes Jahr macht?
POPPE: Es ist beruhigend zu wissen, dass es irgendetwas gibt, was man am 7. Juli tun wird. Aber das werde ich mir erst so am 28. Juni überlegen, was ich die Woche drauf machen werd. Auf dem Albumcover von „Bussi“ hält Marco eine Angel mit gespannter Schnur. Was hängt da am Ende dran?
WANDA: Ein Frosch-Wobbler, also ein Kunststoffköder, den man täuschend echt bewegen kann. Zum Abendessen gab’s aber nur gegrillte Algen, keinen Fisch.
„Bussi“, CD 15,99 Euro (Universal), 9. Dezember im Muffatwerk (ausverkauft). Die Band spielt auch am Sonntag bei „Wir“ am Königsplatz