Wir müssen immer alles geben

Der Cellist Jan Vogler hat keine Berührungsängste, was Genres wie Rock und Pop anbelangt.
Georg Etscheit |
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Der Cellist Jan Vogler hat keine Berührungsängste, was Genres wie Rock und Pop anbelangt

Er kombiniert schon mal Ludwig van Beethoven mit Dmitri Schostakowitsch und einem Stück von Rocklegende Jimi Hendrix. Am Montag und Dienstag tritt Jan Vogler erstmals mit dem Bayerischen Staatsorchester auf. Unter Leitung des Mainzer Generalmusikdirektors Hermann Bäumer interpretiert er das 1. Cellokonzert von Alfred Schnittke (1934-1998), ein bewegendes Stück, dass der deutsch-russische Komponist 1985 kurz nach einem schweren Schlaganfall komponierte.

Man kann oft lesen, das Klassikpublikum sterbe aus. Sie sind selbst nicht nur ein weltweit gefragter Solist, sondern auch Intendant zweier Festivals: der Dresdner Musikfestspiele und des Moritzburg Festivals. Fürchten Sie um Ihre Zuhörer?
Ich halte solche Kassandrarufe für absoluten Quatsch. Immer, wenn sich etwas verändert, wenn sich ein Publikum umorientiert, werden diese Grabgesänge angestimmt. Fakt ist, dass es weltweit noch nie ein solch lebendiges, vielseitiges Musikleben und ein solch großes Publikum gab. Uns Musikern ging es in der Musikgeschichte seit dem Zweiten Weltkrieg noch nie so gut wie heute. Allerdings müssen wir darum kämpfen, dass es so bleibt.

Wie schön, Sie nörgeln nicht über Ihr Publikum!
Die Verantwortung für die Zukunft der klassischen Musik liegt allein bei uns, den Interpreten. Angesichts der enormen Reizüberflutung ist die Schwelle, ein Publikum zu erreichen, sehr viel höher geworden. Die Zeiten, dass die Leute sich alles angehört haben, was man ihnen vorgesetzt hat, sind vorbei.

Wie kann man heute das Publikum begeistern?
Es braucht durchdachte, auf das jeweilige Publikum zugeschnittene Programme. Es braucht eine bestimmte Atmosphäre, was schon damit beginnt, wie das Podium ausgeleuchtet wird. Und es braucht eine Unbedingtheit unseres künstlerischen Engagements. Wir dürfen in einem Konzert durchaus mal nicht in Form sein. Aber wir dürfen uns nie zurücklehnen. Routine ist tödlich. Wir müssen immer alles geben. Die Leute merken sofort, wenn ein Auftritt nicht lebendig und authentisch ist.

Wie schlägt sich das in Ihrem ersten Programm mit dem Bayerischen Staatsorchester nieder?
Das 1. Cellokonzert von Schnittke ist ein extremes Werk, das einer gewissen Anstrengung bedarf, bei den Interpreten wie beim Publikum. Doch manchmal braucht es solch eine Anstrengung, um vielleicht einen Moment zu schaffen, in dem das Publikum seinen Alltag komplett vergisst.

Was halten Sie von den Education-Programmen, die viele Orchester anbieten, um Kinder und Jugendliche für Klassik zu begeistern?
Auch hier gilt: Die Programme müssen speziell auf Kinder zugeschnitten sein. Man darf nicht die Kids in irgendeine Probe setzen, so wie es meine Eltern früher in Dresden mit mir gemacht  hatten. Da saß ich in der Probe einer Britten-Oper oder einer Brahms-Symphonie und fand es stinklangweilig. Man muss da viel Fantasie entwickeln. Am meisten fasziniert es Kinder, wenn jemand etwas mit Leidenschaft tut und vielleicht auch mit einem bestimmten magischen Können. So, wie wenn ein Zauberer ein Kaninchen aus dem Hut zieht.

Sie haben New York als Ihren Hauptwohnsitz gewählt. Was fasziniert Sie an dieser Metropole?
Es ist eine Stadt, die mir keine Vorschriften macht. Ich kann in Manhattan, wo ich lebe, extrem gut üben, weil ich mich da selbst definieren kann und nicht von außen definiert werde. Ich kann mich ganz darauf konzentrieren, was an musikalischen Ideen, auch für meine Programme in Dresden, sich von innen entwickelt.

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